"Wenn wir zu unserer Hauptaufgabe zurückkehren, so werden wir sehen, dass noch nichts gewonnen ist":* Das hören wir immer wiedermal in seinem Vortrag. Es bedeutet nur, dass das Entwerfen des Gesamtmodells des vernünftigen Bewusstseins nicht Stück für Stück, durch schrittweises Aufhäufen positiv bestimmter Bausteine geschieht, sondern dass spekulativ die Bedingungen aufgesucht werden, unter denen ein Gesamtmodell mög- lich würde; und eine jede gilt nicht für sich, sondern nur unter der Prämisse, dass das Gesamtmodell wirklich zu- stande kommt; also hypothetisch, bedingt, "problematisch".
Sollte am Ende das Gesamtmodell doch nicht gelingen, war alles vergeblich und entfällt. Das heißt: Gültig wird es erst zum Schluss, aber dann 'ganz und auf einmal'. Nicht die Einzelnen begründen das Ganze, sondern das Ganze rechtfertigt die Einzelnen; damit sie es begründen können.
Ob etwas aber ein Ganzes ist (d. h. sein soll) oder nur ein Teil, ist Sache der Reflexion - nämlich ihrer ersten und einfachsten Form, der Anschauung.
*) Fichte, WL nova methodo, S. 161
21. 7. 17
Oder andersrum: Das wirkliche Vernunftsystem, das Gegenstand der Kritik ist und von dem die transzenden- tale Analyse ausgeht, ist uns als System gegeben. Es begegnet uns auf einmal und mit einem Schlag.
So lässt es sich freilich nicht darstellen. Es besteht virtualiter aus Begrifffen und Schlussregeln; Regeln für das Schließen von Einem auf das Folgende, Regeln für das Aneinanderknüpfen in der Zeit. Denn so, wie es ist, ist das System geworden, historisch. Wenn ich es so darstellen wollte, müsste ich die Begriffe so darstellen, wie sie gewesen sind, bevor sie begriffen wurden.
So lässt es sich freilich nicht darstellen. Es besteht virtualiter aus Begrifffen und Schlussregeln; Regeln für das Schließen von Einem auf das Folgende, Regeln für das Aneinanderknüpfen in der Zeit. Denn so, wie es ist, ist das System geworden, historisch. Wenn ich es so darstellen wollte, müsste ich die Begriffe so darstellen, wie sie gewesen sind, bevor sie begriffen wurden.
Das tut die Wissenschaftslehre und das macht ihre Besonderheit aus: Sie demonstriert, wie die Begriffe aus Vor- stellungen hervorgegangen sind, sein müssen, weil anders sie als gegeben und vom Himmel gefallen vorausgesetzt werden müssten, was entgegen der Aufgabe ist. Auch die transzendentale Rekonstruktion des Systems der Ver- nunft muss also ein Nacheinander darstellen. Es ist das genetische Nacheinander der Gehalte, in dem das ideale Aus einander so dargestellt wird, als ob es realiter geschehen sei. Im realen Aus- und Nacheinander der Gehalte müsste die Form des Schließens hinzukommen - und mit ihr die Dauer in der Zeit; denn das Schließen ist ein Tun und dauert als solche wirklich; während die Gehalte nur gedacht sind.
Kurz gesagt, das System der Wissenschaftslehre stellt das genetische Auseinander der Gehalte logisch dar als ein Nacheinander unter Absehung vom historischen Moment der Tätigkeit. Es stellt dar eine Zeit ohne Dauer.
Der Nachteil ist, dass da, wo es noch unfertig ist, nicht einfach weitergebaut werden wie das zweite Geschoss aufs erste. Solange nicht alles fertig ist, ist auch kein Teil fertig.
Vorstellen wird als kontinuierlich geschehendes Tun aufgefasst; der Begriff ruht und ist für sich selbst.
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.
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