Ist das Absolute nur eine Flause?
Gedankending atheistbible
Dass dem Absoluten wie dem Wahren überall mit Skepsis begegnet wird und man es vorsorglich, um ihm ja nicht auf den Leim zu gehen, mit Hohn und Spott überzieht, ist wohl verständlich, es hat schon zuviel Schaden angerichtet. Doch verdankt sich die heilige Scheu ebendemselben metaphysischen Pferdefuß wie die vormalige Vergötzung.
Es liegt doch auf der Hand, dass das Absolute (wie das Wahre) nur ein Gedankending sein kann, das auf Wirklichkeit keinen Anspruch erhebt. Wirklich sind Dinge in Raum und Zeit, sie sind erfahrbar, denn sie leisten meinen Absichten ganz eigensinnige Widerstände. Das tun Gedankendinge nicht. Weder sind sie erfahrbar noch leisten sie Widerstand. Nur darum, ganz allein darum können sie absolut sein und nicht nur relativ: nicht im Verhältnis stehen zu irgendetwas außer ihnen. Sie können nur vorgestellt, aber nicht gedacht, nicht in einen Be-griff gefasst werden – denn das hieße, sie zu andern Begriffen ins Verhältnis setzen.
Gedankendinge können nicht sein, sondern lediglich gedacht werden. Ob, wann und in welcher Hinsicht sie gedacht werden sollen, zeigen sie selber nicht an, es ist kein 'Merkmal' an ihnen. Es ist immer eine Sache eines Urteils, und das ist in jedem Fall wirklich, aber es ist wahr oder unwahr, und das ist wiederum Sache eines Urteils, und so weiter. Aus dem Denken kommen wir so nie heraus und in die Wirklichkeit hinein. Das geschieht immer erst, wenn ich meinem Urteil gemäß zu handeln beginne, denn das geschieht nur in der Wirklichkeit. Oder auch: Nur Handeln ist wirklich. Gedankendinge werden nur vorgestellt, und das ist unabhängig davon, ob ich mir einen Begriff davon machen kann.
Man kann daher sagen, das Wahre und das Absolute (das Wahre ist das absolut Geltende) seien begriffslose Phantasiegebilde. Doch liegen sie als Vorstellung einem jeden Urteil zu Grunde, denn es wäre keins, wenn es nicht Anspruch auf Wahrheit und Teilhabe am absolut Geltenden erhöbe. Wer darüber lacht, lacht über sich und die ganze Welt. Denn Eure nur relativen Wahrheiten sind relativ zur ganzen Wahrheit, und ohne dies wären sie gar nicht.
Wahr ist, was absolut gilt.
Das Absolute ist wie das Wahre ein Noumenon. Noumena werden lediglich vorgestellt - nämlich als (unter festzustellenden Bedingungen) geltend. Die Absolutheit des Absoluten und die Wahrheit des Wahren beziehen sich lediglich auf ihre Geltung: Sie ist in beiden Fällen unbedingt. Das Wahre und das Absolute sind Wechsel-begriffe.
14. 6. 16
Ob es absolute Geltung gibt, ist diskutabel. Dass es sie geben muss, wenn irgendwo in der Welt - und sei die Stelle noch so klein -, ein Sinn sein soll, steht außer Frage. Ob ein Sinn sein soll, kann nicht gefragt werden, denn die Frage ist selber sinnvoll und lässt folglich nur eine Antwort zu - und ist daher absurd.
Das Absolute ist der Vereinigungspunkt beider Welten.
2. 6. 2015
*) 'Reihe vernünftiger Wesen'
Das Absolute; a quo und ad quem.
Am Anfang steht die Freiheit; absolut. Ihre Tätigkeit ist übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Das ist unendlich fortschreitende Einschränkung der Freiheit. Unendlich, weil, wenn sie irgendwann erschöpft sein könnte, sie niemals Freiheit gewesen wäre. Doch ist am Ende das Absolute so absolut wie am, d. h. vor dem Anfang. Die Bestimmungen sind immer quantitativ, sie ziehen Quanta vom Absoluten ab. Doch wenn es ab- solut war, wird es nicht weniger.
In der späteren WL will Fichte ein Absolutes, das "niemals Objekt wird"; natürlich, denn dann hörte es auf, absolut zu sein. Dann kann es aber auch nicht real werden - und schon gar nicht ex ante gewesen sein.
Das Absolute ist ein bloßes Gedankending. Als Anfang wird es aufgefunden, als Fluchtpunkt wird es postuliert.
Das Absolute ist ein ästhetisches Ding.
Unum, verum, bonum, pulchrum: Das Eine Absolute ist keine logische, es ist keine ethische, es ist eine ästhetische Idee. Es ist sogar die ästhetische Idee schlechthin. Was sollte denn, jenseits von seiner brauchbaren Richtigkeit, am Wahren besser sein als das Unwahre? Was sollte, jenseits von seinen gesellschaftlichen Vorteilen, am Guten besser sein als das Böse? Es ist genau das, was am Schönen schön ist: daß es ohne Interesse gefällt.
Die ästhetische Idee schlechthin.
Der Gedanke eines Wahren, Absoluten, das an sich, vor jedweder Bestimmung in Raum und Zeit, gilt (immer schon gegolten hat), ist eine ästhetische Idee.* Es ist, recht besehen, die ästhetische Idee schlechthin, die in alle kommenden Bestimmungen in Raum und Zeit vorgängig hineingreift und von der ich erst durch eine Anstrengung des reflektierenden Verstandes abstrahieren kann.
Ich kann sie aber erst "herauslesen", weil ich sie vorab hineingedacht habe. Sie ist nicht gegeben, sondern gemacht (wenn ich auch nichts mehr davon weiß). Sie ist das einzig wahre Apriori, von welchem die transzendentalen, nämlich qualifizierenden Handlungen meines Denkens lediglich historische Modifikationen sind: Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit; Kausalität (die Vorstellung des Bewirkens); auch die Anschauungsformen Raum und Zeit. Der Beweis: Sie lassen sich weder messen noch demonstrieren. Wer nicht weiß, was gemeint ist,dem kann man sie nicht erklären.
Aber wie das 'Ich', so ist das Absolute immer nur in dem und durch den Akt (des Urteilens) - weder vorher noch nachher; aber durch den Akt das eine nicht ohne das andere: der Urteilende nicht ohne den Grund.
aus e. Notizbuch, Anf. Sept. 03
*) eine, die keinem Zweck dient, sondern sich selber Zweck ist.
Das Absolute ist Stoff an sich.
Das Absolute ist das Schema des Vollkommenen. Vollkommenheit ist eine ästhetische Kategorie; die Vorstellung von Etwas, das ohne Makel ist; was ohne Einschränkung gilt. Doch in der Vorstellung eines Absoluten wird nun auch von dieser Bestimmtheit noch abstrahiert: "Etwas", welches als ein solches bestimmbar wäre. Im Absoluten entfällt alle Bestimmtheit. Oder anders: es ist negativ bestimmt als das, was schlechterdings nicht bestimmbar ist, weil es aller Bestimmung selber zu Grunde liegt. Das Absolute ist kein Begriff, sondern eine Idee. Es wird angeschaut, aber nicht mit den Sinnen, sondern allein mit der Einbildungskraft.
aus e. Notizbuch, im Juli 2009
Das Absolute ist der allgemeinste Urteilsgrund. Es ist der Stoff des Geltens; das heißt, der Stoff schlechthin. Es ist Qualitas qualitatium.
Was ohne Bedingung gilt.
Wahr ist ein Satz, der ohne Bedingung gilt; der gilt, ohne dass etwas Anderes gelten muss, das ihm vorauszusetzen und 'zu Grunde zu legen' wäre.
Wenn ich Etwas wissen will, muss ich Es als mir vorausgesetzt denken. In meinem Wissen kann ergo nichts Wahres vorkommen: Was immer ich weiß, ist bedingt – durch etwas, das nicht ich ist.
Das ist ein Salto.
19. 5. 13
'Wahr' bezieht sich nicht auf Seins-Aussagen. Sage ich: Dies ist ein Baum, dann ist diese Aussage nur richtig. Denn sie bezieht sich lediglich auf diejenigen Eigenschaften, die 'er' mit allen andern Pflanzen teilt, die ich ebenso nenne. Wahr wäre lediglich eine Aussage, die sich auf alle seine Eigenschaften bezöge. Aber die könnte ich nicht aussagen, weil ihre Menge sich nicht bestimmen lässt. (Er 'hat' nur solche 'Eigenschaften', die ich an ihm finden kann; finden könnte, wenn ich ewig suchen könnte. Und vor Ablauf der Ewigkeit dürfte ich keine Aussage machen.) …
'Wahr' ist keine Kategorie des empirischen Urteilens. Empirische Urteile sind nur richtig oder falsch.
'Wahrsein' ist eine logische Qualität eines Urteils. Wahr kann ein Urteil sein, welches gilt. Wahr ist ein Urteil, wenn es unter allen möglichen, allen denkmöglichen Umständen gilt.
Die Frage "Unter welchen Umständen ist ein Urteil wahr?" ist widersinnig. Es muss unter allen Umständen wahr sein. Darum lässt sich nach Wahrheit nicht fragen. Oder vielmehr anders; Wahrheit 'gibt es' nur, sofern man nach ihr fragt: als Problem.
aus e. Notizbuch, Jan. 08
Wenn ich Etwas wissen will, muss ich Es als mir vorausgesetzt denken. In meinem Wissen kann ergo nichts Wahres vorkommen: Was immer ich weiß, ist bedingt – durch etwas, das nicht ich ist.
Das ist ein Salto.
19. 5. 13
'Wahr' bezieht sich nicht auf Seins-Aussagen. Sage ich: Dies ist ein Baum, dann ist diese Aussage nur richtig. Denn sie bezieht sich lediglich auf diejenigen Eigenschaften, die 'er' mit allen andern Pflanzen teilt, die ich ebenso nenne. Wahr wäre lediglich eine Aussage, die sich auf alle seine Eigenschaften bezöge. Aber die könnte ich nicht aussagen, weil ihre Menge sich nicht bestimmen lässt. (Er 'hat' nur solche 'Eigenschaften', die ich an ihm finden kann; finden könnte, wenn ich ewig suchen könnte. Und vor Ablauf der Ewigkeit dürfte ich keine Aussage machen.) …
'Wahr' ist keine Kategorie des empirischen Urteilens. Empirische Urteile sind nur richtig oder falsch.
'Wahrsein' ist eine logische Qualität eines Urteils. Wahr kann ein Urteil sein, welches gilt. Wahr ist ein Urteil, wenn es unter allen möglichen, allen denkmöglichen Umständen gilt.
Die Frage "Unter welchen Umständen ist ein Urteil wahr?" ist widersinnig. Es muss unter allen Umständen wahr sein. Darum lässt sich nach Wahrheit nicht fragen. Oder vielmehr anders; Wahrheit 'gibt es' nur, sofern man nach ihr fragt: als Problem.
aus e. Notizbuch, Jan. 08
Neu gewonnene Gewissheit.
Lothar Sauer
Die Annahme eines absoluten Rechtsgrunds allen Geltens ist das Erbe unserer 'natürlichen' Vorgeschichte. Mit dem Fortfall der 'Umwelt' verlor diese Annahme ihre praktische Verbindung mit den wirklichen Lebensbedingungen. Es entstand der Hiatus: das fragen-Müssen.
Das Absolute als Idee ist ein Reflexionsprodukt. Es kommt zustande, 'weil anders gar nichts gelten könnte'. Es ist eine Konstruktion a tergo. Oder, mit Fichte zu reden, eine proiectio per hiatum irrationlem. (Er hat den Jacobi besser verstanden als der sich selbst. Dafür hat der ihn besser verstanden als er sich selbst.)
aus e. Notizbuch, Mai 2007
Das Absolute ist die Wiederherstellung der Selbstverständlichkeit, die uns mit dem Verlassen unserer Urwald- nische verloren gegangen ist, mit andern Mitteln. Während die Gründe der Selbstverständlichkeit dem Tier als seine Umwelt gewissermaßen im Rücken liegen, haben wir die Bürgschaft allen Geltens erst noch vor Augen, und in ganz weiter Ferne.
Die Annahme eines absoluten Rechtsgrunds allen Geltens ist das Erbe unserer 'natürlichen' Vorgeschichte. Mit dem Fortfall der 'Umwelt' verlor diese Annahme ihre praktische Verbindung mit den wirklichen Lebensbedingungen. Es entstand der Hiatus: das fragen-Müssen.
Das Absolute als Idee ist ein Reflexionsprodukt. Es kommt zustande, 'weil anders gar nichts gelten könnte'. Es ist eine Konstruktion a tergo. Oder, mit Fichte zu reden, eine proiectio per hiatum irrationlem. (Er hat den Jacobi besser verstanden als der sich selbst. Dafür hat der ihn besser verstanden als er sich selbst.)
aus e. Notizbuch, Mai 2007
Das Absolute ist die Wiederherstellung der Selbstverständlichkeit, die uns mit dem Verlassen unserer Urwald- nische verloren gegangen ist, mit andern Mitteln. Während die Gründe der Selbstverständlichkeit dem Tier als seine Umwelt gewissermaßen im Rücken liegen, haben wir die Bürgschaft allen Geltens erst noch vor Augen, und in ganz weiter Ferne.
22. 11. 14
Vernunft ist eine Wette, die man verlieren kann.
Wenn Vernunft sein soll, dann muss es Wahrheit (Ansich, e. Absolutes) geben. Anders: Wenn nicht ein Absolutes konstruierbar ist, dann muss man auf Vernunft verzichten.
Unterschied zu aller dogmatischen Philosophie: dass der 'Grund' nicht dem Wissen voraus gesetzt ist, sondern im Wissensakt selbst konstituiert wird; das Wissen sich seinen Grund 'als' ihm vorausgesetzt 'setzt': terminus a quo, nicht terminus ad quem; setzt 'als' zu-Realisierendes.
aus e. Notizbuch, 3. 9. 03
Nachtrag: Denken Sie bei 'konstruieren' nicht an Zirkel und Lineal, sondern mehr an ein Kartenhaus!
Als ob sie ewig gälten.
Jedesmal, wenn ich urteile, handle ich so, als ob die Gründe für mein Urteil schon da gewesen wären, bevor ich sie in Anspruch genommen habe. Und wenn ich sie denken will, kann ich sie gar nicht anders denken. Gelten-an-sich, außerhalb von Raum und Zeit, lässt sich nur denken. Es ist ein reiner Denkakt, sonst nichts.
Quatsch. Sie lassen sich nicht denken; ich denke lediglich, dass... . Aber sie selber denke ich nicht.
Das Absolute ist bloß fingiert.
Das Absolute ist bloß fingiert. Aber es ist als absolut fingiert. Mehr ist nicht zu haben, und weniger bräuchte man nicht zu fingieren.
aus e. Notizbuch, 30. 8. 03
Hypothese und Fiktion.
Was ist denn nun das Absolute? – Es ist mein Maß, mehr ist darüber nicht zu sagen; denn wäre es durch Merkmale zu beschreiben, wäre es nicht absolut, sondern bedingt.
Schon 'mein' Maß ist zuviel gesagt, ich müsste mein in Klammern setzen: Es ist (mein) Maß. Da ist ein Un-gleichgewicht, das Gemessene kann hier nicht sein ohne das Maß, wohl aber das Maß ohne zu Messendes. Ich bin ich nur, sofern ich vernünftig bin. Wir gehören enger zusammen als Schuh und Absatz.
Der persische Sufi Mansur al-Halladsch wurde 922 in Bagdad wegen seiner Ketzereien gekreuzigt; darunter die berühmteste, der Satz: Anâ l-haqq, 'Ich bin Wahrheit.' Das war anmaßend, doch skandalös wurde es, weil al-haqq einer der Namen – der einundfünfzigste – Gottes ist; seinen wahren Namen, den sozusagen absoluten, dürfen Muslime wie Juden nicht aussprechen.
Sagbar ist so etwas nur im Moment mystischer Entrückung; die aber steht unter Meister Eckharts Anweisung: Halt nach dir selber Ausschau, und wo du dich findest, da lass von dir ab.
Mit theoretischer Philosophie hat das nichts zu tun. Die muss beim Absoluten Halt machen. Bis hinein kommt sie ebensowenig wie die Kosmologie in den Urknall. Doch während jener eine Hypothese ist und noch nicht alle Hoffnung vergebens, ist dieses eine Fiktion.
27. 11. 15
Rück-Versicherung.
Das Absolute, das Unbedingte, das Vollkommene – ist das, was so ist, wie es sein soll.
Für das naive Bewusstsein ist alles "so, wie es sein soll".
Das ursprüngliche Bewusstsein der Menschen – nämlich als sie überhaupt zu Bewusstsein kamen – ist nicht naiv. Denn es ist geprägt von der Fraglichkeit von allem, was begegnet. Die Frage 'ist es so, wie es sein soll', geht auf in der Frage, was es ist. Weil die Selbstverständlichkeit der Urwaldnische verloren ging.
Die Idee vom Vollkommenen, Unbedingten, Absoluten, das "so ist, wie es sein soll", ist der Wunsch, die Selbstverständlichkeit der Urwaldnische wiederzufinden.
aus e. Notizbuch, 30. 8. 10
Ja, das ist nichts anderes als im gestrigen Eintrag. Manch neuer Einfall ist so elementar, dass man ihn ein paarmal haben muss, bis er sitzt.
Das Paradox der Geltung.
Tatsächlich liegt das Mysterium der Vernunft in der Urteilskraft. Im Urteil richte ich über die Gültigkeit der Gründe (Werte...); aber Grund des Urteils ist eben... die Gültigkeit. "Geltung" ist ein Paradox: 'Ich' stellt sich über die Geltung, macht sich zu ihrem Maßstab, indem es Geltungen vergleicht. Andererseits muss es die Geltungen als unabhängig von ihm denken: "Entweder gibt es gar keinen Wert, oder es gibt einen notwendigen Wert."*
Das Ich 'macht' sich seine Gründe selber, aber so, als ob sie absolut wären. Mit andern Worten, die "absolute" Geltung ist immer nur eine Behauptung
*) Fr. Schlegel, in Materialen zu Kants Kritik der Urteilskraft, Ffm. 1974, S. 198
aus e. Notizbuch, 11. 7. 03
Jedem sein eigenes Absolutes.
Ein Absolutes, auf das man sich einigen konnte, erweist sich ipso facto als ein Relatives.
aus e. Notizbuch, 8. 9. 03
Ich und das Absolute.
Den gestrigen Eintrag würde ich so umformulieren wollen:
Vernünftig ist ein freier Wille, der als Maß für sich nichts Geringeres gelten lässt als das Absolute.
Das Absolute ist das Maß der Vernünftigkeit. Vernünftigkeit ist eine Sache der Selbstachtung.
Dagegen sind zwei Einwände möglich: 1) Ein Absolutes gibt es nicht. 2) Der Wille ist nicht frei. Praktisch bedeuten sie beide dasselbe: Es gibt keine Vernunft.
Das absolute Postulat.
Was tu ich, indem ich philosophiere? Ich denke über einen Grund nach, dem Philosophieren liegt also ein Streben nach dem Denken eines Grundes zu Grunde. Grund ist aber nicht Ursache im eigentlichen Sinne, sondern innere Beschaffenheit – Zusammenhang mit dem Ganzen. Alles Philosophieren muss also bei einem absoluten Grunde endigen.
Wenn dieser nun nicht gegeben wäre, wenn dieser Begriff eine Unmöglichkeit enthielte, so wäre der Trieb zu philosophieren eine unendliche Tätigkeit und darum ohne Ende, weil ein ewiges Bedürfnis nach einem absoluten Grunde vorhanden wäre, was doch nur relativ gestillt werden könnte – und darum nie aufhören würde.
Durch das freiwillige Entsagen des Absoluten entsteht die unendliche freie Tätigkeit in uns – das einzig mögliche Absolute, was uns gegeben werden kann und das wir durch unsre Unvermögenheit, ein Absolutes zu erreichen und zu erkennen, finden. Dies uns gegebene Absolute lässt sich nur negativ erkennen, indem wir handeln und finden, dass durch kein Handeln das erreicht wird, was wir suchen.
Das ließe sich ein absolutes Postulat nennen.
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Novalis, Fichte-Studien, in: Gesammelte Werke, Herrliberg-Zürich 1945, Bd. 2, S. 172
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