Der Begriff einer Sache.
Der Begriff einer Sache ist ein Schema all dessen, wozu man sie brauchen zu können meint.
So ist er entstanden, so hat er Bestand. Doch mal fasst er zu wenig und mal zuviel.
Zwei Arten, vom Begriff zu reden.
Ein Thema der gegenständlichen (reellen) Philosophie ist, wie und wozu die Begriffe zu verwenden sind.
Das ist nicht Sache der Transzendentalphilosophie. Die fragt, wie und woher Begriffe entstehen.
Begriffe sind wie Schachfiguren.
norwegisch, 12. Jhdt.
Begriffe sind wie Schachfiguren. An sich mögen sie sonstwas bedeuten. Aber solange keiner Schach spielt, sind sie bloß Schnitzwerk.
Es hat einmal einer gesagt, die Bedeutung der Wörter sei ihre Verwendung im Sprachspiel. Er hat nicht bedacht, wie viele Voraussetzungen in diesem einen Satz stecken.
15. 12. 16
Sind Begriffe da oder wurden sie gedacht?
Obige Förmchen sind dazu da, dass man Kuchenteig hineintut. Gedacht sind sie für Weihnachtsplätzchen.
Sie können aber auch Kartoffelbrei oder Wagenschmiere hineintun; sofern Sie sich nicht fragen lassen müssen, wozu.
Ob Kuchenteig, Kartoffelbrei oder Wagenschmiere – da sind sie so und so. Aber so wurden sie nicht gedacht.
Anschauung, Vorstellung, Begriff.
Mit Vorstellung meine ich die Re-Präsentation eines zuvor schon angeschauten Bildes; wobei es unerheblich ist, ob das Bild 'wahr-genommen' oder 'ein-gebildet' worden ist. Entscheidend ist die Anschaulichkeit.
Das Re-Präsentieren geschieht, indem das Bild mit einem Symbol ausgezeichnet und in einem Speicher abgelegt werden. Dort werden sie durch das Aufrufen des Zeichens 'vergegenwärtigt'.*
Vorstellungen, die durch ein Symbol bezeichnet sind, lassen sich ipso facto zu einem System fügen; und werden zu Begriffen.
Juli 21, 2009
*) Wir sagen erinnern, aber meinen eräußern.
Begriffe waren einmal Bilder.
Begriffe sind durch häufigen Gebrauch abgeschliffene Bilder. Scharf wurden sie dabei nur in der einen Hinsicht, in der andern wurden sie glatt und platt.
Aus e. Notizbuch, im Sept. 10
Sprachspielnetz.
Das Wort (Klangbild) ist ein Symbol. Die Sprache ist ein System von Symbolen; System im Vollzug, indem sie gebraucht wird in der Sprachgemeinschaft; "Sprachspiel"; diachronisch. Es läßt sich aber als System darstellen, synchronisch: als kodifizierter Verweisungszusammenhang. Doch jeweils nur als endlicher Verweisungszusammen- hang: Lexikon, Grammatik, "Logik". Das Wort "bezeichnet", benennt ein Ding als "das, was" es ist; aber das Ding kann selber Symbol sein: etwas "bedeuten", das sich seinerseits nicht "endlich darstellen" läßt; Gedanken- ding, "Begriff". – Das gilt für das System der Sprache selbst: Es "sieht so aus, als ob" es Alles umfaßt. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt", Tractatus [5.6] [aber was heißt hier "bedeuten"? Bezeichnen? „"Darstellen"? "Sein"?]
Die Besonderheit dieses Systems ist, daß es – historisch und logisch! – unbegrenzt erweiterbar ist. Es ist Bild der Welt. In der Welt sind nicht nur die Dinge, die die Wörter benennen, sondern auch ihre… (und andere) Bedeutun-gen! Die Sprache ist ein (historisch je) endliches Symbol für ein "unendliches" Ding. Nicht nur können immer neue Wörter eingefügt werden; es können auch neue Sätze gebildet werden, in denen die Wörter neu verwendet, "umgewidmet", d. h. umgedeutet werden. Denn sie sind Symbole, Bilder, keine Abbilder.
Und sie können auch sinnwidrig verwendet werden: "uneigentliches" Sprechen z. B. Man kann die Wörter regelwidrig verwenden: das "Spiel" stören. Sprach-Spielverderber.
Januar 15, 2009
Nachtrag. Eine 'Welt' gibt es überhaupt nur als Bild.
Begriffsfetisch.
Der springende Punkt beim Begriff ist nicht, wie scharf er definiert wurde, sondern wie weit er wann und unter welchen Bedingungen gilt.
Darüber kann er freilich selber keine Auskunft geben. Man kann es nur aus der Distanz beurteilen.
Umfang und Inhalt.
"Die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel." – Das ist salopp ausgedrückt. Um den springenden Punkt zu vertuschen? Die Bedeutung der Wörter bildet sich aus durch ihre Verwendung im Sprachspiel: Das wäre korrekt. Denn es lässt die Frage offen, wo die Wörter her gekommen sind; oder besser: Es stellt die Frage! Erst das Sprachspiel, dann die Bedeutungen? Oder doch: erst die Bedeutungen, dann das Sprachspiel?!
Einen Begriff nennen wir ein Wort, dessen Bedeutung durch seine Verwendungen in den Sprachspielen so festgestellt ist, dass sie in den verschiedensten – na ja, in verschiedenen Sprachspielen fungieren kann. Ob ich nun 'Bedeutung' sage oder 'Verwendung im Sprachspiel' – dieses bleibt: Beide befinden sich in der Spannung zwischen dem Gehalt – 'intensio' – und dem Umfang – 'extensio' – des Begriffs. Wobei die Intensio nichts anderes ist, als was die Scholastiker intentio nannten: 'das, was beabsichtitgt ist, das, worauf abgesehen wird'. Die Extensio, das ist offenbar der Umkreis der (sinnlich begegnenden) Phänomene, die unter die Absicht des Begriffs fallen, die also im Begriff 'mitgemeint' sind. So, dass die Intensio die Qualitäten festlegt, die 'gemeint' sind; und die Extensio die Phänomene zählt, denen diese Qualitäten zugesprochen werden. So, dass weiterhin die Zahl der gemeinten Phänomene zunimmt in dem Maße, wie die Zahl der gemeinten Qualitäten abnimmt, und wiederum abnimmt in dem Maße, wie die Intensität (Stärke, Tiefe, nicht: Menge!) der jeweiligen Qualität zunimmt. (Und ohne Qualitäten geht es nicht.)
Es reproduziert sich in jedem Begriff die Doppeltheit des Bewusstseins, dass dem sinnlich Gegebenen eine Bedeutung zu-gedacht wird, und keines ohne das andere gedacht werden kann; also der 'Begriff' (oder das 'Ding', das er 'erfasst') immer in einer Schwebe vorkommt zwischen Umfang und Gehalt.
[vgl. Cassirer. Umfang und Gehalt d. Begriffs]
aus e. Notizbuch; um 2002?
Vorstellen und begreifen.
Das Wunder ist, dass wir Sachen begreifen, die wir uns nicht vorstellen können.
Im bloßen Begriff geht der anschauliche Anteil der Vorstellung verloren. Das stammt offenbar aus der Reflexion. In der Reflexion unterscheidet der Vorstellende sich-selbst von seiner Vorstellung; und die Vorstellung von ihm-selbst. Nicht nur das Subjekt wird verselbständigt, sondern sein Objekt: Im Vorstellen sind Ich und das Vorgestellte noch ungeschieden. Im Vorstellen2 des Vorstellens1 verdreifacht sich die Vorstellung: in das Vorgestellte, in den Vorstellenden und in den Vorstellungsakt – als dem tätigen Verhalten des einen zum andern. Dabei müssen die Anschauung als das Was und der Anschauende als der Wer der Vorstellung verloren gehen (können) und das Wie des Vorgestellten sich verselbständigen (können).
Der springende Punkt ist offenbar die Symbolisierung – als der Sprung aus dem analogen in den digitalen Modus der Repräsentation. Sie entsteht bereits im Übergang vom unmittelbaren Anschauen zum Wieder-Hervorholen aus dem Gedächtnisfundus; das nämlich so lange prekär und zufällig blieb, als der Gedächtnisspeicher nicht geordnet war. Wie soll ich eine gehabte Anschauung wiederfinden in all dem Chaos ohne einen hervorstechenden Anhaltspunkt? Das ist schwerer als ein Element in einem tausendteiligen Puzzle aufzufinden, von dem ich immerhin Größe und Umriss kenne.
Ob das Symbolisieren eher aus der Vorratshaltung oder eher aus den Erfordernissen der Mitteilung entstanden ist, ist unerheblich, weil die selber mit- und auseinander entstanden sein werden. Man könnte annehmen, dass die ersten Symbolisierungen aus dem Herausgreifen besonders augenfälliger 'Aspekte' hervorgegangen sind, die so zu Merkmalen werden – immer noch im analogen Modus.
Der Übergang zum bloßen Zeichen ohne anschaulichen Nachahmungsanteil macht die Digitalisierung der Vorstellung in specie aus. Es handelt sich offenbar um Lautzeichen, um Wörter; um die Entstehung der Sprache. Denn zwar nicht für das Vorstellen selbst, aber sehr wohl für das diskursive Denken in Begriffen, das notfalls ohne jedes anschauliche Residuum auskommt, ist die Ausbildung von Sprachen die Bedingung: eines artikulierten Systems, eines "Spiels" mit vereinbarten Figuren und Regeln.
Wobei die Anschauung offenbar nicht wirklich verloren geht, sondern nur einstweilen abgelegt wird – in den Gedächtnisspeicher, wo es aufgehoben ist und aus dem es durch Aufrufen des zugeordneten digits zu jeder Zeit reaktiviert und vergegenwärtigt werden kann.
*
Der Übergang vom analogen in den digitalen Modus bleibt das eigentliche Mysterium des Geistes – von dem wir allerdings wissen, dass es wirklich stattgefunden hat. Der Schritt vom Lautzeichen zum Schriftzeichen und vom Wortzeichen zum mathematischen Symbol erscheint demgegenüber nur als die geschäftsmäßig Leistung eines tüchtigen Handwerkers. Auch das Übersetzen ganzer Operationsstränge in mathematische Formeln bleibt in diesem Rahmen.
Anschauung ohne Begriff sei blind, meinte Kant, aber Begriffe ohne Anschauung seien leer. Das bezog sich auf die Philosophie der Wolffs und Baumgartens, der er selber angehangen hatte und die so verfuhr, als wenn eine Sache schon verstanden sei, wenn man nur ein Wort durch so und so viele andere 'definiert' hatte; und die arglos darauf vertraute, aus dem Kombinieren von Begriffen materiale Erkenntnisse synthetisieren zu können.
Nicht gedacht hat er an die moderne Physik, die sowohl im Makro- wie im Mikrobereich in mathematischen Formeln Sachverhalte beschreibt, die als wirklich gelten, bei denen sich aber niemand mehr etwas vorstellen kann, weil sie jenseits unserer Anschauungsmöglichkeiten liegen. Und es lassen sich daraus operativ Hypothesen entwickeln, die ihrerseits durch Experimente verifizierbar sind: Es lässt sich aus Begriffen materiales Wissen konstruieren! Allerdings immer nur mittelbar, durch Rückschluss; nie direkt.
Vorstellen können wir uns nur einen Raum mit drei Dimensionen – und die Zeit gesondert daneben. Ein vierdimensionales Raum-Zeit-Kontinuum können wir im Begriff denken; aber wenn es sich einer vorstellen will, muss er hilfsweise auf ganz unzulängliche Analogien aus unserer dreidimensionalen Anschauung zurückgreifen. Dem theoretischen Physiker unserer Tage wird das Operieren mit mathematischen Symbolen und Formeln so geläufig geworden sein, dass er sich darin zu Hause fühlt und meint, er könne sich 'dabei was vorstellen'. Doch dann müsste er es einem Außenstehenden veranschaulichen können. Und das geht mit einem Partikel, das zugleich, aber ebenso ausschließend eine Welle ist, genau so wenig wie mit einem Raum, der selber Zeit ist.
Hier wird als Begriff im Gedächtnisspeicher etwas abgelegt, dem nie ein anschauliches Substrat zu- grunde lag. Es werden begriffliche Kombinationen der ersten Ordnung in mathematische Formeln gefasst und durch einen Begriff zweiter Ordnung ausgezeichnet, durch den sie ihrerseits abrufbar sind. Aber eine Anschauung, so residual sie sei, schiebt sich nicht dazwischen. Da wird nichts vor- gestellt.
*
Wenn Ihnen einer sagt, er könne sich unterm Urknall etwas vorstellen, erliegt er einer Täuschung. Er hat an die Stelle einer mathematischen Formel ein mythisches Bild geschoben, und das ist allerdings anschaulich. Überführen können sie ihn, wenn Sie ihn auffordern, sich die letzte Sekunde – oder Nanosekunde – vor dem Urknall vorzustellen. Da könnte er nämlich nur den flüchtigen Schatten von Gottvater 'anschauen'.
Und recht besehen reichen auch die mathematischen Formeln gar nicht bis in den Urknall hinein, sondern immer nur bis ganz kurz – 'unendlich nah' – davor. Drinnen lässt sich nicht einmal mehr etwas denken. Aber dass es in der Sekunde – oder Nanosekunde – davor Nichts gegeben haben sollte, können wir schon gar nicht denken, weil wir uns dabei… nichts vorstellen können.
im Sommer 2013
JE
Der Begriff passt nirgends richtig.
Worauf der Begriff passt, darauf passt er immer, sonst war er kein Begriff. Was man so ansehen kann, aber auch anders, worauf also mal dieser und mal jener Begriff passt, auf das passt keiner.
Das ist aber der Fall bei fast allem, das im Leben vorkommt, und vor allem: bei allem, was in unserer Vorstellung vorkommt. – Was bleibt dann noch übrig? Eigentlich nichts. Mit andern Worten: Eigentlich passen Begriffe auf nichts, oder richtiger: Begriffe passen auf nichts eigentlich. Immer nur uneigentlich, immer nur einstweilen, immer nur vorübergehend.
Ein Begriff ist gar kein Schlüssel. Eher eine Kneifzange oder ein Brecheisen.
4. 2. 15
Begriffe braucht man, wo ein Zweifel ist.
Für das, was sich von selbst versteht, brauche ich keinen Begriff. Es ist, und damit gut. Es sei denn, ich wollte gerade das kritisieren: dass es sich von selbst versteht. Begriff ist Maßstab der Überprüfung. Im täglichen Leben ist er die Ausnahme. Denn ohne die Gewissheit, dass das meiste sich von selbst versteht, brächte ich kaum mal 24 Stunden über die Runden. Würde ich den ganzen Tag nur zweifeln, käme ich nie zum Handeln. Denn nicht jede Handlung ist eine Haupt- und Staatsaktion, die ihrer Letztbegründung bedarf. Das meiste ist ganz alltäg-lich.
•Juni 4, 2009
Daraus folgt zwanglos, dass das eigentlich produktive Denken gar keine Begriffe braucht – es rauscht mir gewissermaßen wie ein Strom bewegter Bilder durchs Gemüt. Da wird noch nicht gezweifelt, da ist noch alles positiv. Erst wenn ich es festhalten und auf seine Tauglichkeit – wozu?! – überprüfen will, kann ich Begriffe gebrauchen, und vollends, wenn ich es einem andern mitteile. Der Begriff ist – vor allem andern – ein Instru-ment der Kritik.
Was im Begriff dargestellt ist.
Was in Begriffen dargestellt wird, ruht.
________________________________________
F. W. J. Schelling, Werke, Bd. I, Ffm 1985, S. 193
Begriff und Vorstellung.
Am Begriff kannst du so lange herumdefinieren, bis er dir in den Kram passt. Man kann ihn dir bestreiten und kann auf ihm rumreiten, man kann hinzutun und wegnehmen, so lange, bis alle Grenzen fließend sind. Wer sich mal darauf eingelassen hat, darf nichr mehr aufhören.
Mit dem Vorstellen ist es anders. Die eine baut auf der vorigen auf, anders geht es nicht. Um dir einen Wasser- fall vorzustellen, musst du dir Wasser vorstellen, davon kann man nichts abstreichen. Wenn dir aber einer sagt, Wasser kann ich mir vorstellen, aber keinen Wasserfall - dann magst du auf ihn einreden, doch überführen kannst du ihn nicht.
Daraus erhellt, dass in gewissem Sinn die Vorstellung zwar realer ist als der Begriff; aber erhellt zugleich, war- um sie zum Beweisen nicht taugt. Zum Vorstellen muss man verführen.
Apologie des Begriffs.
Der Begriff ist Mittel und Erzeugnis der Reflexion. Die Vorstellung mag ich anschauen, so viel ich will - mit oder ohne Gefallen. Wenn ich sie für einen Zweck brauchen will, muss ich sie bestimmen: auf den Zweck beziehen. Das Beziehen auf einen Zweck stellt die Vorstellung fest: Es macht ihre Bestimmung aus.
Ohne Reflexion ist das Vorstellen bloßes Phantasieren. Es mag ohne Interesse gefallen, aber setzen kann es nichts. Ohne Begriff bleibt das Denken unproduktiv.
Denkzeug.
So wie Hämmer, Zangen und Sägen Werk-Zeuge sind, so sind Begriffe und logische Regeln Denk-Zeuge und keine Werke. Werke sind erst die mit ihrer Hilfe komponierten 'Bilder', deren 'Bedeutung' angeschaut wird.*
Soll heißen, das Denken beginnt nicht nur in der Anschauung, sondern läuft auch darauf hinaus.
Freilich sind auch die Werk- und Denk-Zeuge ihrerseits komponiert; aber zu einem formalen Zweck. Die Form ist die Gebrauchsanleitung.
*) Ebendas ist die Rechtfertigung der Dialektik: Sie lässt die Verselbständigung der Begriffe im diskursiven Zusammenhang durch ihr Widerspiel deutlich werden - und macht ihren anschaulichen Gehalt kenntlich!
aus e. Notizbuch, 30. 4. 07
Nota, Sept. 2014
Sie sind vor allem ersteinmal Behältnisse (und ihre Henkel). So können die Anschauungsgehalte – 'das Gemeinte' – für späteren Gebrauch aufbewahrt und, wenn nötig, Anderen mitgeteilt werden. Verschiedene Gefäße taugen für verschiedene Inhalte, und Henkel – oder Räder, Schienen, Kräne – ermöglichen verschiedenen Transport. Ob die Gefäße zu groß sind oder zu klein, so dass etwas danebenfällt, und ob der Inhalt unterwegs Schaden nimmt – immer ist es der anschauliche Inhalt, auf den es ankommt, und darauf, wie er ankommt; aber nicht die Gefäße und nicht der Transport.
Der Begriff ist ein Denkzeug.
Bei Hegel ist der Begriff selber Agens, er prozessiert und progrediert aus eigenem Vermögen. Denn er ist eine Entäußerung der Idee, an deren Subjektität er teilhat, und die wirklich denkenden Individuen sind deren Agenten, durch die sie gleichsam 'hindurchgeht'.
Fichte ist strikter Nominalist. Bei ihm sind die Begriffe lediglich (eingefrorene) Vorstellungen, die ein wirklich Denkender sich macht oder nicht. Wenn er nicht handelt, passiert gar nichts, und der Begriff – wenn ein unbe-teiligter Zuschauer ihn hätte – wäre eine leere Hülse, eine Hülse von Nichts, und das ist nichts.
Der Begriff ist ein Denkmittel, das so viel taugt wie das, was man mit ihm anfängt.
Der Begriff ist ein Abkömmling.
Rudolpho Duba, pixelio.de
Nachdem das diskursive System - alias die Vernunft - einmal ausgebildet ist, kommt es sachlogisch - alias genetisch - vor den Begriffen selbst.
In den
Begriffen wird das festgestellt, was sich aus Anderem her leiten und eo ipso
mit Anderm vergleichen lässt. Eben dieser Umstand: Ableitbarkeit und
Vergleichbarkeit, macht Begrifflichkeit aus. Sie beruht allerdings auf der
gewagten Annahme - ein pari, mit
Pascal zu reden -, dass es für alles einen gemeinsamen letzten Grund gibt, in
dem sie alle miteinander zusammenhängen. Nur logisch erscheint das diskursive
System "eher da" zu sein als der Begriff selbst. Historisch waren
aber zuerst die Vorstellungen "da", bevor sie in Begriffe gefasst - d. h. mit
einander verglichen und aus einander her geleitet wurden.
aus e. Notizbuch, ca. 2002
aus e. Notizbuch, ca. 2002
Nachdem das diskursive System - alias die Vernunft - einmal ausgebildet ist, kommt es sachlogisch - alias genetisch - vor den Begriffen selbst.
Der Begriff ist...
birgitH / pixelio.de
– zum einen: Mittel der Kritik. Das Menschenleben ist am besten anschaulich, d.h. in bildhaften Ausdrücken darzustellen, jedenfalls in seiner 'Gänze'. Denn als Ganzes ist und bleibt es ein Rätsel. Einzelne 'Seiten' lassen sich herausgreifen, isolieren, de-finieren, in pragmatischer Absicht, nicht als positive Erkenntnis. Aber die bildhafte Darstellung läuft schnell aus dem Ruder. Der Begriff ist ein Mittel der Kontrolle. Durchleuchtet die Bilder.
– zum einen: Mittel der Kritik. Das Menschenleben ist am besten anschaulich, d.h. in bildhaften Ausdrücken darzustellen, jedenfalls in seiner 'Gänze'. Denn als Ganzes ist und bleibt es ein Rätsel. Einzelne 'Seiten' lassen sich herausgreifen, isolieren, de-finieren, in pragmatischer Absicht, nicht als positive Erkenntnis. Aber die bildhafte Darstellung läuft schnell aus dem Ruder. Der Begriff ist ein Mittel der Kontrolle. Durchleuchtet die Bilder.
Ständige Versuchung des abendländischen Denkens: das kritische Potential des Begriffs ins Positive zu wenden und aus dem Begriff die ganze Welt zu re-konstruieren: die 'Metaphysik' im engeren Sinn.
– zum andern: Der Begriff erlaubt, 'Elemente' aus dem Fluss des Erlebens herauszuheben, isolieren, de-finieren usw; und erst das 'begrenzte', 'bestimmte' usw. Phänomen lässt sich messen! Die Zerglie-derung bzw. Er-Fassung der Welt in Begriffe dient ihrer Messbarkeit und ergo Berechenbarkeit. Das Begreifen ist die operative Voraussetzung der Digitalisierung des Denkens und für das Kalkulieren der Welt. Dies zusammen mit der der metaphysischen Versuchung des abendländischen Geistes ergriff die rationalistische Metaphysik; Descartes, Spinoza, Leibniz.
Deren scheinbare Vollendung: Fichte. Aber er fasst nicht die Welt ins begriffliche System, sondern das Bild der Welt. Und insofern ist sein 'System' Kritik, s. o.
aus e. Notizbuch, ca. 2002
aus Der dingliche Schein.
Durch seine Verfassung zum Begriff wird der dingliche Schein kanonisiert. Was tatsächlich die Tätigkeit lebender Menschen ist, wird dargestellt als eine selbstständige Wirklichkeit. Ist der Begriff auf der einen Seite die allmäch- tige Waffe der Kritik, so ist er auf der andern Seite der verbissenste Dogmatiker.
*
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen