Montag, 31. Juli 2017

Reale und ideale Tätigkeit.



Das Wollen - Streben, Trieb, Einbildungskraft - ist ursprünglich eines und dasselbe. Das Quantum Energie, das im Fühlen am Objekt hängenbleibt, werden wir ipso facto als reale Tätigkeit bezeichnen, den überschießenden freien Teil nennen wir die ideale. (Wenn sie sich reflektierend selber dem Gefühl zuwendet, geschieht dies aus Freiheit.) 

- Die Wissenschaftslehre schaut dem gemeinen Bewusstsein zu und beschreibt, wie es tatsächlich verfährt; allerdings nicht in Zeit und Raum, sondern in einem idealen Modell, wo alles zugleich geschieht, wenn auch Eines als genetisch bedingt durch das Andere. Es ist daher ganz in der Ordnung, wenn uns die eine oder andere Etappe in dieser Darstellung aus unserer eigenen Erfahrung bekannt vorkommt - sobald wir nämlich Raum und Zeit wieder hinzudenken. 

An dieser Stelle erinnern wir uns an das, was Schiller den "ästhetischen Zustand" nannte: Im ästhetischen Zu- stand sei der Mensch "gleich Null". Die ästhetischen Qualitäten, die wir wahrnehmen, sind unmittelbar im 'Ge- fühl' - soweit die 'reale' Tätigkeit, die sich hier 'begrenzt' vorkommt. Hinzu tritt die 'ideale' Tätigkeit, die das Ge- fühl anschaut; doch an der Stelle hält sie inne - aus Freiheit: Die ideale Tätigkeit hält sich selbst zurück, mit ande- ren Worten: der ästhetische Zustand tritt nur ein, wenn er beabsichtigt wird.

Doch im Normalfall unserer tätglichen Geschäfte fährt die ideale Tätigkeit fort.






Sonntag, 30. Juli 2017

Sich fort-bestimmen ist sich fort-setzen.



Das Ich setzt sich immer und immer wieder; nämlich wenn immer es sich so oder anders bestimmt hat, erscheint vor ihm ein Bestimmbares, in dem es sich fortbestimmen soll. Es "konstituiert" sich nicht irgendwann als ein Seiendes und ist fortan, sondern setzt und bestimmt sich immer wieder aufs Neue, es "ist" überhaupt nur ein Noumen- on. 





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Samstag, 29. Juli 2017

Ausgangs- und Zielpunkt der Philosophie sind nicht willkürlich.



Die Eingangsfrage war ja die: Wie kommen wir zu der Annahme, dass unseren Vorstellungen etwas außer uns entspricht? Das ist der Terminus ad quem. Terminus a quo ist: Im Bewusstsein ist nichts als Vorstellungen, oder: Ins Ich kommt nichts, als was es in sich setzt. Dieses muss aus jenem hergeleitet, jenes muss auf dieses hingeführt werden. Der Gang ist durch beide entgegengesetzte Prämissen vorgeschrieben, er ist lediglich auf- zusuchen - allerdings nicht so, wie er aus Begriffen definiert, sondern wie er in der Vorstellung wirklich hervor- gebracht werden könnte. 

Wohlverstanden: Nicht die Frage, ob es zutrifft, dass unseren Vorstellungen wirkliche Dinge außer uns entspre- chen, ist möglicher Zielpunkt der Philosophie; das muss vielmehr als gesichert angenommen werden. Denn unter der (rein hypothetischen) Annahme, dass ihnen keine realen Dingen entsprächen, wäre eine philosophi- sche Untersuchung überhaupt nicht möglich. Das heißt nicht, dass man diese Hypothese gar nicht erwägen dürfte. Nur philosophieren (=vernünftig schlussfolgern) lässt sich damit eben nicht. Sie ist eine logische Sackgasse.



Freitag, 28. Juli 2017

Inneres Wirken, wollen, Kraft.



Daher nun, von diesem Nötigen und Zwingen der Einbildungskraft, sich nur hierauf zu richten, kommt der Begriff von Kraft, der mit dem Willen vereinigt ist. Es ist nicht möglich, sich den Willen zu denken, ohne sich zugleich einen Anstoß, eine Anwendung von Gewalt zu denken. Das Wollen ist wahres inneres Wirken, Wirken auf sich selbst. Das herumschweifende Denken wird ergriffen und auf einen Punkt beschränkt.

Diese Vorstellung vom inneren Wirken kommt im Bewusst/sein vor als etwas zwischen Gefühl und Gedanken Schwebendes, man könnte es nennen ein intelligibles Gefühl. Wenn die Einbildungskraft sich selbst überlassen bleibt, so schweift sie sie herum, und es kostet innere Anstrengung, sie zu binden. 

Dieses Aktes, des Bindens, werde ich mir unmittelbar bewusst, indem ich ihn vollziehe, und hierdurch lässt sich die intelligible Welt an die Welt der Erscheinungen anknüpfen. Was in diesem Gefühle vorkommt, ist die erste innere Kraft, man könnte sie reine Kraft, Kraft auf sich selbst nennen. Sie ist Wirkung des Vernunftwesens auf sich selbst.

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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 126f. 
 



Das ist eine der wichtigsten Stellen in der ganzen Wissenschaftslehre.
 

Wenn man von dem metaphysischen Dogma von den zwei Substanzen, einer res extensa und einer res cogitans ausginge, wäre das ein atemberaubendes Kunststück: Wie stellt es die res extensa an, in die res cogitans vorzu- dringen? Doch in der Wissenschaftslehre, die den Gang des Bewusstseins zuerst rein phänomenal verfolgt, wurde eine solche Voraussetzung nicht gemacht. (Ihr Gegenstand ist die Vorstellung, und dort kam sie bislang nicht vor.)
 

Das Faktum der Konzentration unserer Aufmerksamkeit - denn davon ist hier die Rede - lässt sich nicht leugnen, ob man es nun erklären kann oder nicht. Aufmerken ist reflektieren und abstrahieren in Einem. Der elementarste Bewusstseinsakt ist: auf mein Gefühl achtgeben. Es ist die Stelle, wo ein empirisches Selbst zu einem vernünftigen Ich wird.  

Dass er im Moment akuter Gefahr alle Aufmerksamkeit darauf konzentriert und selbst Schmerzen unter Umständen gar nicht 'merkt', unterscheidet den Menschen nicht vom Tier: Dem geht's nicht anders; sondern dass er sein Aufmerken will kürlich richten kann. Das ist die Grundform von Wollen, und Wollen ist die Substanz von Geist. (Geist sieht nicht auf Dinge ab, sondern auf Probleme.)






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Donnerstag, 27. Juli 2017

Statische und dynamische Darstellung.


  spandau-arcaden

Die genetische Darstellung unterscheidet sich von der historischen so: In ihr ist nicht von zeitlichem Nach- einander die Rede, sondern von sinnhaften Bedingungsverhältnissen.
 

Von der logischen Darstellung unterscheidet sie, dass sie keine (durch wen? mit welchem Recht?) definierten Begriffe verwendet, denn die sind statisch und lassen sich nur durch die Schlussregeln verknüpfen, doch die sind rein formal. Die Absicht, in der sie verknüpft werden, kommt unkontrolliert von außen. Die Anwendung der Logik ist willkürlich, aber sie verbirgt es.

In der genetischen Darstellung gehen dagegen Vorstellungen aus einander hervor, das Vorstellen ist lebendige Tätigkeit, die selber absieht und die, nachdem sie A gesagt hat, B sagen müsste - sofern sie nicht ganz aufhören will. Ihr Forstschreiten ist notwendig. Die logische Darstellung ist statisch, die genetische ist dynamisch. Und wenn es darum geht, das Bewusstsein aus sich zu verstehen, ist die dynamische am Platz; aber nur da.




Mittwoch, 26. Juli 2017

Anschauung zweiten Grades.



Nur ein jenseits von Raum und Zeit gedachtes Tun ist als ein Schema darzustellen; und dies zum Zweck der Anschauung: In der Wirklichkeit lässt sich immer nur dieses oder jenes Tun anschauen; wenn ich aber Tun-überhaupt anschauen will, muss ich die Bestimmungen von Raum und Zeit fortlassen - alles, was eine Wirklichkeit als eine solche erst ausmacht. 

Schema ist ein Schlüsselbegriff der Wissenschaftslehre. Er bezeichnet das Paradox eines übersinnlichen Bildes und eigentlich den Übergang von der Anschauung zum Begriff. 


 


Dienstag, 25. Juli 2017

Das Übersinnliche ist Schema des Handelns.



Das Schema fürs Übersinnliche ist das Handeln. 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 113 



Nota. -  Im Übersinnlichen sind keine Dinge abgebildet, sondern das, was man mit ihnen tun kann. Die Begriffe der Dinge bezeichnen ihre möglichen Zwecke.
JE






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Sonntag, 23. Juli 2017

Die Dialektik von Stoff und Form.


Die Form ist das Bestimmbare an der Materie. Das Bestimmbare an der Materie ist ihre Form. Form ist die Spur des Handelns an der Materie. - Was sollte es darüber hinaus für eine 'Dialektik von Stoff und Form' noch geben?

Zwischen Stoff und Form können Sie nicht überall unterscheiden? Darauf zielt obige Bemerkung ab: Was an einer Sache Stoff ist und was Form, hängt davon ab, was Sie vorab als Stoff aufgefasst haben. Denn das ist es, woraus Sie etwas machen wollen; die Formgebung legt fest, was daraus wird. Ob es sich dabei um einen 'mate- riellen' Stoff handelt oder einen bloß gedachten, ist Nebensache.


23. 7. 17
 



Ist nun der Begriff  Stoff oder Form? Wie man's nimmt. Betrachten wir ihn nach seiner Herkunft, ist er Stoff. Er ist Qualitas: das, was gemeint ist; eine Vorstellung. Allerdings eine bestimmte Vorstellung. Und das ist Form an ihm. Bestimmt wurde er nämlich durch Entgegensetzung, und die ist nicht Qualitas, sondern Verhältnis. 

Betrachten wir den Begriff, wie er ist, nämlich in seinem Verhältnis zum, nach seinem Platz im System der Ver- nunft, so ist er ein Relatives; seinerseits bestimmt durch ein Ganzes, das selber Qualitas und in Hinblick auf das er nur Form ist.

Es ist einfach der Unterschied von transzendentaler und pp. natürlicher Auffassungsart: Im natürlichen Bewusst- sein ist der Begriff der seiende harte Kern der Bedeutung. In transzendentaler Betrachtung ist er das an sich Wirkliche: gewolltes Tun, das aus der Zeit gefallen und zum Gedankending geronnen ist.









Materiallogisch.



Es ist ärgerlich, dass als Logik seit vielen Generationen nur noch die formale Richtigkeit der Verknüpfung definierter Begriffe verstanden wird; das bringt manche Unsicherheit des Ausdrucks mit sich. Gr. logos heißt Wort, Sinn, Verstand, Bedeutung, und kommt von legein, das lesen, auflesen und durchschauen bedeutet. 'Logisch' sollte sich also auf alles beziehen, auf das diese Bezeichnungen zutreffen, und das ist ziemlich viel. Sein Gegensatz wäre nicht 'unlogisch', sondern faktisch - nämlich sofern man sich ein Faktum ohne seine Bedeutung denkt.
 

Denken kann man letzteres, aber, und das ist hier der springende Punkt, man kann es sich nicht vorstellen. Die Verengung des Begriffs Logik auf das korrekte Schließen aus gegebenen Begriffen setzt offenbar die Gegeben- heit der Begriffe notwendig voraus. Dann wären sie logisch das 'Erste'.
 

Das ist aber eine grundlose Annahme. Material-logisch beruhen die Begriffe auf Gehalten, und diese Gehalte sind Vorstellungen, die in begriffliche Form gebracht werden müssen, um sie operabel zu machen. Die Operalibili- tät der Begriffe macht ihre Form aus, die Vorstellungen sind der Stoff. Daher ist eine Darstellung der Art und Weise, wie sich sachlich eine Vorstellung aus der andern entwickelt, wie die eine in der andern Vorstellung schon enthalten sein mag, ohne als solche deutlich angeschaut worden zu sein - eigentlich ist eine solche Darstellung in einem eminenteren Sinn logisch zu nennen als die bloß-formale, in der Begriffe durch Schlussketten miteinan- der verknüpft werden.
 

Aber unser Sprachgebrauch lässt das nicht zu. Fichte hat das materiallogische Verfahren der Wissenschaftslehre daher genetisch nennen müssen, und es sah aus, als handle es sich zwischen logischer und historischer Betrach- tung um eine eigenständige Kategorie. In philosophischer Hinsicht erheblich ist aber die einfache Unterschei- dung zwischen historisch-faktischer und materiallogischer Betrachtung. Die formallogische Untersuchung ist ein Derivat, ein Reflexionsmittel zum Behuf des kritischen Geschäfts.




Samstag, 22. Juli 2017

Ein reines Wollen.



Ein Gefühl ist mir nur möglich, inwiefern im System der Sensibilität eine Veränderung vorgeht, und aus dieser entsteht eine objektive Erkenntnis. Diese aber ist nicht möglich außer infolge eines Handelns, in wiefern ich mich als Ursache denke. Ich denke mich aber als Ursache, wenn ich das Mannigfaltige des Erfolgs beziehe auf das reine Wollen. Dieses Wollen ist ein ursprünglich Bestimmtes, nicht aber ein empirisch Bestimmtes oder Bestimmendes; ein reines Wollen, inwiefern es sich als Sollen äußert.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 152 

 


Es wird nicht behauptet, zuerst hätten die Menschen einen reinen Willen, danach würde er durch mannigfaltige dialektische Operationen zu einem empirischen. - Hier geht es immer um die Erklärung des Bewusstseins aus der wirklichen Vorstellungstätigkeit. Das Grundschema ist immer dies: Ich finde mich als dieses oder jenes tuend oder getan habend. Ich muss daraus schließen, dass ich es gekonnt habe. Diese Anschauung wird mir zum Begriff eines Vermögens. So muss der wirklich Wollende seinem wirklichen Wollen die Fähigkeit zum Wollen voraussetzen: Die konkrete Vorstellung ist nicht ohne die reflexive Hpostase der abstrakten Vorstellung "möglich"; d. h. möglich ist sie schon, solange ich nicht denke; wenn ich aber denke, muss ich so denken. JE







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Freitag, 21. Juli 2017

Ganz und auf einmal.



"Wenn wir zu unserer Hauptaufgabe zurückkehren, so werden wir sehen, dass noch nichts gewonnen ist":* Das hören wir immer wiedermal in seinem Vortrag. Es bedeutet nur, dass das Entwerfen des Gesamtmodells des vernünftigen Bewusstseins nicht Stück für Stück, durch schrittweises Aufhäufen positiv bestimmter Bausteine geschieht, sondern dass spekulativ die Bedingungen aufgesucht werden, unter denen ein Gesamtmodell mög- lich würde; und eine jede gilt nicht für sich, sondern nur unter der Prämisse, dass das Gesamtmodell wirklich zu- stande kommt; also hypothetisch, bedingt, "problematisch". 

Sollte am Ende das Gesamtmodell doch nicht gelingen, war alles vergeblich und entfällt. Das heißt: Gültig wird es erst zum Schluss, aber dann 'ganz und auf einmal'. Nicht die Einzelnen begründen das Ganze, sondern das Ganze rechtfertigt die Einzelnen; damit sie es begründen können.
 

Ob etwas aber ein Ganzes ist (d. h. sein soll) oder nur ein Teil, ist Sache der Reflexion - nämlich ihrer ersten und einfachsten Form, der Anschauung.

*) Fichte, WL nova methodo, S. 161 






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Donnerstag, 20. Juli 2017

Zum reinen Wollen gehört ein reiner Zweck.

Augsburger Allgemeine

Der letzte Grund, auf den die Wissenschaftslehre in ihrem ersten, analytischen Teil stößt, ist das Noumenon des Wollens-überhaupt. Aus dieser Triebkraft allein ist der wirkliche Gang der Intelligenz zu erklären (=der zweite, synthetische Gang der Wissenschaftslehre).

Wollen ist aber stets Wollen von Etwas, wollen setzt einen Zweck, an dem es sich bestimmen kann. Dem Nou-menon des Wollens-überhaupt steht daher das Noumenon eines Zwecks-überhaupt gegenüber. Sowenig wie jenes ist er aber bestimmt; er ist bestimmbar, und dieses unendlich. Zweck-überhaupt ist die nicht erschöpfba-re Idee des Absoluten, und der Gang der Intelligenz wäre ohne sie ohne Richtung und könnte eine Vernunft nie ergeben. 

aus Meine Emendation der Wissenschaftslehre.


Das ist kein rein-logischer Gewaltakt; nicht weil es den Begriff  Wollen-schlechthin geben kann, 'muss' es logi- scherweise den Begriff des Zwecks-schlechthin geben; und 'daher' müsse die Sache  'das Absolute' (in den Vor- stellungen) wirklich vorkommen.

Sondern im zweiten, rekonstruierenden Gang der Wissenschaftslehre ist das Wollen-schlechthin sachliche Be- dingung des Vorstellens. Das Was des Wollens ist das schlechthin Bestimmbare, das Zubestimmende. Das wirkliche Vorstellen ist immer nichts anderes als ein Fortschreiten in der Bestimmung - des Zwecks. Dieser Fortschritt geht ins Unendliche und der Zweck-schlechthin bleibt auf ewig unbestimmt, weil bestimmbar. Ob er als solcher im Bewusstsein tatsächlich vorkommt, ist unerheblich: Er kann vorkommen, wenn man will; darauf kommt es an.


20. 7. 17


Zum Grundbestand des bürgerlichen Weltverständnisses gehört nach allgemeinem Übereinkommen das Fort- schrittssprinzip. Es ist nach postmoderner Auffassung dessen Erbsünde. Es ist aber zugleich Folge und Bedin- gung seiner Vernünftigkeit.

Sofern nämlich Vernünftigkeit im Prinzip der Freiheit begründet ist. Freiheit ist die Unbedingtheit des Bestim- mens, und Bestimmen ist Charakter der Tätigkeit. Ist das Bestimmen unbedingt, so sind seine Möglichkeiten unerschöpflich: Wären sie einmal erschöpft, so würde es schließlich bedingt und wäre die längste Zeit frei gewe- sen. Tätigkeit ist unendlich perfektibel, das bedeutet die Fortschrittsidee. Eine perfekte Unendlichkeit ist aber ein Paradox. Fortschritt geschieht durch Fortschreiten. Käme er einmal zu Stande, so wäre die Freiheit erschöpft. 

Erschöpfte Freiheit, das war die Charakteristik der Postmoderne. 'Auf ihren Begriff gebracht' wurde sie durch Donald Trump.

24. 4. 19 


 
  

Mittwoch, 19. Juli 2017

Das Absolute ist Anfang und Ende.



Das Absolute braucht die Transzendentalphilosophie doppelt: zuerst als Ausgangs-, dann als Fluchtpunkt der Vernunft. Dazwischen liegt immer nur Bestimmen; am Anfang die absolute Freiheit, am ewig offenen Ende der absolute Zweck.



Dienstag, 18. Juli 2017

Freiheit heißt absolut anfangen.


jacque watkins

Da wir hier nun die Freiheit vor aller Anschauung und als Bedingung aller Möglichkeit des Bewusstsein und der Anschauung aufstellen wollen, so müssen wir dies erst durch das Bewusstsein hinzugekommene Fremdartige absondern; und sonach bleibt nichts übrig als Absolutheit. Aber Absolutheit lässt sich nicht einmal denken, wenn wir nicht etwas Empirisches hinzutun, das aber der Reinheit keinen Abbruch tut, nämlich die Reihe der Dependenz in der Zeit, und Freiheit wäre das Vermögen, absolut anzufangen.

Wir dürfen nicht die Freiheit an die Reihe, sondern die Reihe an die Freiheit knüpfen. So haben wir ein abso- lutes Erstes, die Freiheit anzufangen. ...

Diese Freiheit soll bestimmt sein, eine Richtung haben, würde heißen: Das Vermögen, absolut anzufangen, hat eine bestimmte Richtung. Die Freiheit kann gerade dies (ein bestimmtes Y) als erstes Glied setzen; so bleibt das Vermögen des absoluten Anfangs und die Beschränktheit.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 228 
 



Nota. - Das Absolute kann nicht gedacht werden, denn gedacht werden kann nur Bestimmtes; wäre es aber bestimmt, wäre es nicht absolut. Gedacht werden kann allenfalls, was es selbst bestimmt hat: die von ihm begonnene Kausalreihe. Nicht als Bestimmtes, doch auch nicht als Bestimmendes kann es gedacht werden - sondern nur als das, was vor dem Beginn der Reihe angenommen werden muss. Ein Akt der Freiheit kann, wie gesagt, nicht begriffen werden.
JE


Montag, 17. Juli 2017

Bei Kant wird das Ich nur ordnend tätig.



Bei Kant ist das Ich, qua transzendentale Synthesis und alles Folgende, in der Erscheinung nur ordnend tätig. Er bleibt, muss man hinzufügen, ein halber Dogmatiker. Denn die Erscheinungen haben ihr Doppel in den dazu- gehörigen Noumenis bzw. "an sich": anschaubar für eine übersinnliche Intelligenz. Das sind Qualitates, die unse- rer Intelligenz schlechterdings occultae bleiben und bleiben müssen.
 

Die wirkliche Transzententalphilosophie - "echter durchgeführter Kritizismus" - setzt das Ich jedoch als produ- zierend voraus; die Vorstellungen produzierend, versteht sich, aber mit Anderem hatte es auch Kant nicht zu tun.





Sonntag, 16. Juli 2017

Gott und die Welt?



Kant hatte die Objektivität der Welt in der apriorischen Anschauung vom Raum begründet, Fichte gründet sie unmittelbar im Ich. Kant konnte die Objektivität der Gottesvorstellung nicht im Raum begründen, Fichte will sie wiederum unmittelbar im Ich begründen: im Gefühl des Strebens. Doch im Gefühl des Strebens kann er ledig- lich die Idee eines Zwecks-überhaupt, Zwecks der Zwecke, eines absoluten Wozu usw. begründen, die qua Idee ein bloßes Noumenon, eine Fiktion darstellt, von der 'gar nicht vorgegeben wird, dass ihr etwas Wirkliches entspreche'.
 

Er will aber auf die Vorstellung Gottes als ein Bild des Sittengesetzes hinaus. Da müsste zur Objektivität der Idee vom Zweck-an-sich noch etwas Subjektives hinzutreten, das nicht notwendig, sondern willkürlich wäre; er sagt es selbst: eine "moralische Bildung", etwas Historisches, Zufälliges. - Seine Argumentation wäre schlüssiger geblieben, wenn er auf diesen Beisatz verzichtet hätte; aber zur Idee Gottes hätte sie dann nicht gereicht.






Samstag, 15. Juli 2017

Genetisch: die eigentümliche Darstellungsweise der Wissenschaftslehre.


seilwurf, Übertritt

Während die historische Darstellung es mit dem Faktischen, die logische Darstellung mit den Begriffen zu tun hat, sieht die genetische Darstellung auf das lebendige Vorstellen selbst, das den beiden andern zu Grunde liegt. Es wird (in 'realer' Tätigkeit) ein Bild geschaffen, dieses wird ('ideal') angeschaut und im Begriff bestimmt. Im Be- greifen wird sie in ihre Bedingungen zerlegt, die indessen nicht selber zuvor vorgestellt, "eingebildet" wurden, sondern hernach 'als vorgestellt vorgestellt'.

In der logischen Untersuchung scheint es, als seien die Prämissen des Begriffs "per Definition" in ihm enthalten, "auf einen Schlag", sie 'dependieren' gegenseitig von einander, vorwärts und rückwärts, ohne Zeit. Die logische Darstellung ist ohne Zeit, Begriffe und Schlussregeln sind, noch bevor sie ein Zeitlicher denken kann.

In der genetischen Darstellung des wirklichen Vorstellens wird dagegen nur "so getan, als ob" es ohne Zeit ge- schähe, es wird von der Zeit zuerst noch abstrahiert, doch sobald es 'objektiv' wird und qua Zweckbegriff auf wirkliche Gegenstände geht, tritt das Verhältnis der Dependenz ein, und die hat eine Richtung; wenn auch 'aus Freiheit' zu bestimmen bleibt, wohin, so bleibt doch stets präsent, woher - nämlich vom tätigen Subjekt. Der Setzende setzt Eins, doch sobald er darauf reflektiert, nämlich zu bestimmen beginnt, zerfällt ihm das Eine in ein Mannigfaltiges. Nicht Dieses dependiert von Jenen, sondern Jene dependieren von Diesem.

Die Vorstellung, dass es Vorstellungen an sich und ohne Vorstellenden gäbe, ist nicht vorstellbar.











Freitag, 14. Juli 2017

Das Leben führen.



Dasein mit Tätigsein und Tätigsein mit Bestimmen gleichsetzen kann nur ein Lebensgefühl, das meint, in der Welt etwas besorgen zu müssen.

Das beginnt mit der christlichen Vorstellung vom Leben als einer weltlichen Pilgerfahrt. Der Erfolg ist nicht verbürgt, es kann scheitern. Die Gnade Gottes lässt sich nicht erwerben, ich kann mich ihrer höchstens würdig erweisen, indem ich mein Bestes versuche.


Die protestantische Ethik hat dann einen Auftrag zur weltlichen Karriere daraus gemacht, aber der Stachel saß einmal im Fleisch und sitzt dort bis heute.

Das ist nicht die Conditio humana selbst. Der antike Mensch fand seine Würde und Zufriedenheit viel eher in der Vita contemplativa, biós theorikós, in der Einsamkeit eher als in der Welt. Aus den mönchischen Einsiedlern des frühen Mittelalters wurden dann erwerbsfleißige Agrarindustrielle.

Die Vita activa und die ihr zugehörige Transzendentalphilosophie sind nicht überhaupt die passende Bewusst- seinsverfassung des christlichen Abendlands, sondern die es modernen Westens. Solange er die nicht aufgibt - und dazu gibt es keinen Anlass -, wird er dem Rest der Welt immer etwas fremd bleiben.





Donnerstag, 13. Juli 2017

Real ist nur das Bestimmen selbst; 'bestimmt' und 'bestimmbar' sind bloß Abstraktionen.


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Wirklich ist eigentlich immer nur das Schweben: das, wo Bewegung ist, wo etwas geschieht; es ist aktuale Tätigkeit. Ein Schweben zwischen Zweien: Die Fixpunkte werden als solche nur gedacht. Denn gedacht - ange- schaut und begriffen - werden kann das Wirkliche, das Tätigkeit ist, nur so; nur interpunktiert; nicht als Fluss, sondern in Sprüngen. Hier findet im Denken eine Umkehrung statt: Das Fixe, das nur gedacht wird, kommt dem Denken als das Eigentliche vor, die aktuale Tätigkeit, das "Schweben", als hinzugedachtes Akzidens.

Bestimmt und bestimmbar sind Reflexionsmomente. Real ist die Verlaufsform, das Übergehen vom Einen zum Andern; bestimmen.

Mittwoch, 12. Juli 2017

Bestimmen.


istockphoto

Bestimmen ist das Schlüsselwort der Wissenschaftslehre; es heißt: ein Etwas zu einer Absicht in ein Verhältnis setzen.

Ist es ein Begriff? - Der quasi-ontologische Grundstein ist Tätigkeit, und was ist Tätigkeit? Es ist im weitesten Sinn das Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Worauf bezieht sich aber 'bestimmen'? Nicht aufs Sein; das ist oder ist nicht. Sondern auf Gelten oder auf Bedeutung oder das, was man an einem Seienden als sinnhaft finden kann.
 

Doch anders als das - da - Sein lässt sich Geltung nicht formalisieren. Nichts bedeutet "überhaupt", sondern immer nur dieses oder jenes; und nur diesem oder jenem. Es ist etwas Neues, das hinzukommt - zwar aus Bedin- gungen 'hervor gegangen', aber nicht aus ihnen zusammenengesetzt. Mit andern Worten: Logisch, nämlich aus definierten Begriffen und geprüften Verfahren, lässt es sich nicht herleiten. Darum nennt F. seine Darstellungs- weise eine genetische: Es sind sinnhafte, qualitative Setzungen, die sich nicht 'aus einander entwickeln', sondern die ein Tätiger generieren muss, wenn sie geschehen sollen, und deren sinnhafter Implikationen er sich erst in nachträglicher Reflexion gewiss wird.

Qualitäten lassen sich nicht definieren, dazu müssten sie in Relation stehen, aber dann wären sie relativ und nicht qualitativ. Man kann sie nur anschauen, indem man sie einbildend selbst hervorbringt.




Dienstag, 11. Juli 2017

Anschauen, Begriff und denken.


Magnus Enckell

Den sinnlichen Anteil an der Anschauung nennt Fichte Gefühl, Leiden: ein unfreier Zustand. Anschauen ist - als ein Reflektieren auf das Gefühl - ein Handeln, und geschieht aus Freiheit. (Kant hatte zwischen Anschauung und Sinnlichkeit noch nicht unterschieden.

Die Scheidelinie zwischen anschauen und denken markiert der Begriff. Und zwar geht es nicht darum, ob ich ihn 'richtig' gebrauche, so wie alle anderen in derselben Situation; sondern dass ich ihn mir vorsetze als Regel, wonach ich ihn konstruieren soll. Ich habe meine Anschauung gefasst heißt: Ich habe sie so auseinandergelegt, wie ich sie bei nächster Gelegenheit wieder zusammenzusetzen mir vornehme. Nun erst habe ich sie. Denn als Begriff ist er aus dem Zeitverlauf ausgeschieden, er ist 'im Raum' verfügbar geworden wie ein Rechenchip. Ich kann mit ihm operieren, ohne meine Einbildungskraft neu bemühen zu müssen; die vertrüge nämlich keine (Re-) Konstrukti- onsvorschrift

Empirisch handelt es sich wohl um den Akt der Digitalisierung. Jedoch: Die Transzendentalphilosophie be- schreibt nicht einfach, was geschieht, sondern will seinen Sinn deuten. Das ist kein bloßes Übersetzen aus der einen Sprache in die andere. Es ist - übrigens in beiden Richtungen - mehr als das.

Und nie vergessen: Wir treten in der Wissenschaftslehre aus der Vorstellung nie hinaus. Sie bleibt überall im- manent, sie ist Selbstaufklärung des Vorstellens. (Aber außerhalb des Vorstellens ist nichts weiter. - Oder alles, was es gibt, gibt es in der Vorstellung und durch die Vorstellung. Was ich mir nicht vorstellen kann, kann ich mir nicht einmal vorstellen.)


 

Montag, 10. Juli 2017

In der Vereinigung wird es getrennt und in der Trennung vereinigt, II.


In der Vereinigung wird es getrennt und in der Trennung vereinigt, beides ist nicht zu trennen.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 184


An dieser Stelle redet Fichte speziell vom Ich und seiner Doppelung in ein reales und ein ideales, aber es ist der Kerngedanke der Wissenschaftslehre überhaupt. Sie handelt überhaupt nur vom Vorstellen, aber im Besondern von seiner Bestimmung. Die Einbildungskraft ist gedacht als schlechterdings produzierend, aber damit das, was sie einbildet, zu etwas wird, muss die Reflexion es als ein solches bestimmen. Und das geht eben nur durch sein Unterscheiden in sich selbst. In der Vorstellung kann es zu diesem nur werden, wenn ich ihm sein Anderes entge- gen setze. Nur an einander finden sie Halt; durcheinander, genauer gesagt.

So vom Anfang der Wissenschaftslehre bis zu ihrem Schluss. 



Sonntag, 9. Juli 2017

Die anthropologische Voraussetzung der Wissenschaftslehre.


Leonardo

Die Wissenschaftslehre ist Begriff und Schema der Vernunft. Vernunft ist nicht an sich; sie 'hat ein Interesse': das Interesse an Freiheit und Selbstständigkeit. Was eigentlich 'erst' Ergebnis der praktischen Philosophie wäre, ist hier der Philosophie als ihr Motiv bereits vorausgesetzt; die Wissenschaftslehre ist eine Anthropologie.




Samstag, 8. Juli 2017

Das Bestimmen hat eine vordere und eine hintere Grenze.


Lothar Sauer

Bestimmt und unbestimmt haben nur in Bezug aufeinander einen Sinn. Nichts ist absolut bestimmt, nichts ist absolut unbestimmt. Jedenfalls nichts, was ich mir vorstellen kann.

Zu welchen Operationen eine Vorstellung taugt, kann ich nur prüfen, wenn ich sie bestimme, nämlich zum Begriff vereindeutige. Ich stelle mir die Figur eines Quadrats vor. Um sie zu begreifen, nämlich so, dass ich sie in meiner Vorstellung willkürlich wieder hervorrufen und sie womöglich einem Andern erklären kann, müsste ich sagen: eine geschlossene Figur aus vier gleichlangen Schenkeln. Dass sie nur zwei Dimensionen hat, dass sie vier rechte Winkel hat, muss ich nicht hinzufügen, es folgt aus der Prämisse. Mit dem so gefassten Begriff kann ich gedanklich operieren, dafür ist er hinreichend bestimmt. 


Um praktisch zu konstruieren - ein Haus etwa -, muss ich im Fortbestimmen den Begriff überschreiten und eine wirkliche Figur zeichnen, indem ich nämlich eine bestimmte Länge angebe, 23 mm zum Beispiel. Das ist nun kein Begriff mehr, sondern ein wirkliches Quadrat; ein Bild. Als ein solches kann ich es mir aber nicht vor- stellen; 23 mm, 53 mm, 87 mm? Das geht nur noch ungefähr, und auch nicht absolut, indem ich die Augen schließe, sondern nur relativ, indem ich auf ein vorhandenes Ding schaue und es zum Maßstab nehme. In der Wirklichkeit, als Bild, kann ich mir ein Quadrat nicht vorstellen, sondern muss es anschauen.

Mein Bestimmen hat seine Außengrenze in den Singulariis, die bestimmt sind wie alles Wirkliche, und seine Vordergrenze in dem Zustand, wo ich mir nichts mehr vorstelle - weil ich entweder mein Bewusstsein ruhen lasse oder weil ich mich ganz ins Anschauen versenke. Letzteres ist, was Schiller den ästhetischen Zustand nennt.

Wo nichts vorgestellt wird, gibt es nichts zu bestimmen. Wo schon alles bestimmt ist, gibt es nichts vorzu- stellen. 

Was immer zwischen Subjekt und Objekt geschieht, ist Bestimmung. Sie selber liegen außerhalb; es ist das Bestimmen, das sie zu dem macht, was sie sind.



Freitag, 7. Juli 2017

Inbegriff der Wissenschaftslehre.

 

Es gibt zwei Haupthandlungen des Ich; die eine, wodurch es sich selbst setzt und alles, was dazu erforderlich ist, also die ganze Welt. Die zweite ist ein abermaliges Setzen desjenigen, was durch jene erste Handlung schon gesetzt ist. Es gibt also ein / ursprüngliches Setzen des Ich und der Welt und ein Setzen des schon Gesetzten, das erste macht das Bewusstsein erst möglich und kann daher darin nicht vorkommen; das zweite aber ist das Bewusstsein selbst. Das zweite setzt sonach das erste voraus. Im zweiten wird sonach etwas gefunden, das ohne das Ich vorhanden, worauf das Ich reflektiert. Das erste, dessen Resultat das Ding ist; dadurch zeigt sich, was eigentlich Produkt des Ich ist. 

Es wäre sonach zu unterscheiden eine ursprüngliche Thesis oder, da in ihr ein Mannigfaltiges gesetzt wird, eine ursprüngliche Synthesis, von der Analysis, wenn nämlich wieder auf das reflektiert wird, was in der ursprünglichen Synthesis liegt. Die gesamte Erfahrung ist nun bloße Analysis dieser ursprünglichen Synthesis. Das ursprüng- liche Setzen kann nicht im wirklichen Bewusstsein vorkommen, weil es erst die Bedingung der Möglichkeit alles Bewusstseins ist.


Dies ist der kurze Inbegriff, das Wesen und der Charakter der Wissenschaftslehre. 

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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 9f.   








Donnerstag, 6. Juli 2017

Das Wesen der Vernunft.


Deutsche Fotothek
 
Das Wesen der Vernunft besteht darin, dass ich mich selbst setze, aber das kann ich nicht, ohne mir eine Welt, und zwar eine bestimmte Welt entgegenzusetzen, die im Raume ist und deren Erscheinungen in der Zeit aufeinander folgen. Dies alles geschieht in einem ungeteilten Moment; da Eins geschieht, geschieht zugleich alles Übrige.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 8f.  







Mittwoch, 5. Juli 2017

Das einzig Dauernde in all der Veränderung.


 
Alle Erfahrung ist ein beständiger Wechsel von Veränderungen. Woher nun das Fortdauernde, welches in den Erscheinungen erscheine? Jenes Dauernde ist nichts anderes, als das in allem Wechsel vorstellende Ich als das Handelnde, aber es erscheint qualis talis nicht, es erscheint objektiv, weil es in die Anschauung hereinfällt.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 91f.  








Dienstag, 4. Juli 2017

Existenzialontologie.



Wir alle unterscheiden zwischen Dingen, die wir uns vorstellen, und Dingen, die sind. Warum glauben wir, dass es Vorstellungen gibt, denen seiende Dinge entsprechen?
 

Weil wir anders überhaupt nichts glauben könnten.
 

Doch wenn wir überhaupt nichts glauben würden, würden wir unser Leben nicht führen können, das aber müs- sen wir - anders als die vernunftlosen Tiere, die gar nichts zu glauben brauchen.








Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.

Montag, 3. Juli 2017

Das wahre Sein.



Kann ich denn fragen, ob es die Welt auch ohne mich gäbe?
Ich kann mir nicht vorstellen, was wäre, wenn ich mir nichts vorstellen könnte.
Ich könnte nicht beurteilen, ob a dasselbe ist wie a, wenn ich mir a nicht vorstellen würde. Es gibt Vorstellung ohne Logik, aber ohne Vorstellen gibt es keine Logik.


Vorstellen ist on; die Besonderung ontos kommt erst hernach.








Sonntag, 2. Juli 2017

Um ihrer selbst willen.


Ajax und Achilles

Dies hat das Philosophieren mit Kunst und dem Spielen gemeinsam: dass es um seiner selbst willen geschieht.
 

Wozu sie in der Welt taugen, kann man die Resultate des Philosophierens fragen - sofern es zu solchen kommt; nicht aber das Philosophieren selbst. Der Philosophierer muss sich vor der Welt rechtfertigen, sofern sie ihn bezahlt, sonst nicht.

Für die Art des Philosophierens macht das einen Riesenunterschied. 






Samstag, 1. Juli 2017

Anfang der Philosophie.


römisch

Am Anfang der Philosophie, sagt Plato, stünde das Staunen. Was ist das für ein intellektueller Akt? Es ist ein Fragen-schlechthin; ohne einen Gegenstand, nach dem es ja eben noch fragt, aber ohne auch einen Fragenden. Im Staunen ist der Fragende in seiner Frage ganz verloren.

Im ästhetischen Zustand sei der Mensch "gleich Null", sagt Schiller. Das Staunen ist ein ästhetischer Zustand, wo- möglich die Mutter der ästhetischen Zustände. Um zu philosophieren, muss man in ästhetische Stimmung kommen.