Man kann die gesamte Aufgabe der Wissenschaftslehre so ausdrücken: Wie kommt das Ich dazu, aus sich selbst herauszugehen?
______________________________________________Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 196
Nota I. - Das war das Mysterium bei Plotin, Spinoza und Hegel: wie kommt die Substanz überhaupt dazu, ihre Identität zu verlassen und in Akzidenzen zu "emanieren" (E. Lask)? 'Warum ist GOtt Schöpfer geworden' - die Theolo- gie verbietet diese Frage. Der spekulative Pomp der metaphysisch-philosophischen Systeme täuscht dar- über hinweg, dass sie sich an der Frage vorbeidrücken. Wenn sie aber der Theologie nichts Substanzielles hinzu zu fügen haben, wieso konnten sie's dann nicht bei ihr belassen? Die Philosophie ist dann überflüssig.
Der Transzendentalphilosoph Fichte dreht die Frage um. Er setzt nicht erst ein Ich, um es dann, warum auch immer, tätig werden zu lassen; sondern geht aus vom Faktum der vernünftigen Tätigkeit, das aus dem Noumen Ich erklärt wird. Tatsache ist, dass das (noumenale) Ich aus sich heraugegangen ist. Er muss nun nicht seine Phantasie schweifen lassen und raten, was es dazu veranlasst haben könnte. Er muss lediglich heraus finden, wie das möglich war. Eine Notwendigkeit wird nicht behauptet.
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Nota II. - Vorausgesetzt ist also - es hat herausgefunden. Der Grund lag nicht in ihm selbst. Der Grund kam von außen, er war ein Gefühl. Indem das Ich sich dem Gefühl zuwendet, wendet es sich einer Welt außer ihm zu; denn das Gefühl ist nichts anderes als der Widerstand, den seine Tätigkeit an den Dingen der Außenwelt erfuhr. Also war da eine Tätigkeit vor dem Widerstand! (Von anderen Gefühlen als denen, die das Ich durch die Außen- welt erfährt, handelt die Wissenschaftslehre nicht.) Demjenigen, aus dem heraus ein Ich sich setzen wird, wird vor allem andern die Fähigkeit zum Tätigsein zugeschrieben. Doch damit aus der Fähigkeit wirklich Tun wurde, war ein Wollen notwendig.
Nota II. - Vorausgesetzt ist also - es hat herausgefunden. Der Grund lag nicht in ihm selbst. Der Grund kam von außen, er war ein Gefühl. Indem das Ich sich dem Gefühl zuwendet, wendet es sich einer Welt außer ihm zu; denn das Gefühl ist nichts anderes als der Widerstand, den seine Tätigkeit an den Dingen der Außenwelt erfuhr. Also war da eine Tätigkeit vor dem Widerstand! (Von anderen Gefühlen als denen, die das Ich durch die Außen- welt erfährt, handelt die Wissenschaftslehre nicht.) Demjenigen, aus dem heraus ein Ich sich setzen wird, wird vor allem andern die Fähigkeit zum Tätigsein zugeschrieben. Doch damit aus der Fähigkeit wirklich Tun wurde, war ein Wollen notwendig.
Fichte selbst fährt an der angegebenen Stelle so fort: "Dieses [das Herausgehen aus sich] geschieht auch durch Ver- mittelung: die, dass das Ich nun zuvörderst herausgehe aus seinem ursprünglich Reinsten, aus dem Denken; dar- aus geht es fort zu dem Gefühl, /197/ dies vermittelt das Herausgehen aus sich selbst, die Annahme einer Außen- welt. Der Platz nun, wo an das bloße Denken sich etwas anknüpft, was kein Denken ist, ist hier." a.a.O.
Das ist schief und schludrig ausgedrückt. Dass es sich bei der notwendig anzunehmenden Tätigkeit, die als Widerstand ein Gefühl vorfindet, um Denken handelt als einem "usprünglichsten Reinsten", ist nicht erwiesen und nicht erweislich. Als Denken ist die Tätigkeit, so abstrakt es wäre, bestimmt. Wie käme sie dazu aber? Wer sollte sie so bestimmt haben? Tatsächlich ist die Tätigkeit, die hier angenommen werden darf, ganz und gar un- bestimmt.
Es handelt sich um eine transzendentale Erörterung, und dass ein lebendiger Mensch wie du und ich, solange seine Tätigkeit noch keinen Gegenstand gefunden hat, der es bestimmt, lediglich im Denken besteht, kommt hier nicht in Betracht. Wenn die Tätigkeit nicht als gegenständlich bestimmt ist, ist sie lediglich... nicht als gegenständ- lich bestimmt; sie ist überhaupt nicht bestimmt, auch nicht als Denken.
Es hat sich ein realistisch-spiritualistischer Reflex eingeschlichen, denn 'ursprünglich' ist die Tätigkeit, von der hier die Rede ist, nicht 'rein', sondern unbestimmt - genauer gesagt: Wirklich ist sie nicht. Wirklich gibt es immer nur diese oder jene Tätigkeit, und die ist nicht unrein, sondern bestimmt. Es muss also nicht heißen "der Platz, wo an das bloße Denken sich etwas anknüpft,
was kein Denken ist", sondern Der Platz, wo sich die als unbestimmt-und-noch-nicht-wirklich gedachte Tätigkeit zu einer wirklichen bestimmt, ist der, wo sie einen Gegenstand trifft.
Noch nicht bestimmt ist allerdings, ob es sich bei dem Gegenstand, auf den sie trifft, um einen vorgestellten oder einen sinnlichen Gegenstand handelt. An dieser Bestimmung werden sich die Tätigkeiten nach gegenständlichen und bloß-gedachten erst unterscheiden.
Je reiner Fichte sein transzendentales Verfahren hält, um so materialistischer bleibt er auch.
JE
Noch nicht bestimmt ist allerdings, ob es sich bei dem Gegenstand, auf den sie trifft, um einen vorgestellten oder einen sinnlichen Gegenstand handelt. An dieser Bestimmung werden sich die Tätigkeiten nach gegenständlichen und bloß-gedachten erst unterscheiden.
Je reiner Fichte sein transzendentales Verfahren hält, um so materialistischer bleibt er auch.
JE
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