Montag, 10. Juni 2019

Die Vernunft ist sich selbst vorausgesetzt.



Das / Bewußtsein ist also von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren.
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Marx/Engels, Die deutsche Ideologie, MEW 3, S. 30f.


 
Also das erste und höchste der Ordnung des Denkens nach, was ich finde, bin ich, aber ich kann mich nicht finden ohne Wesen meinesgleichen außer mir; denn ich bin Individuum. Also meine Erfahrung geht aus von einer Reihe vernünftiger Wesen, zu welcher auch ich gehöre, und an diesem Punkt knüpft sich alles an. 

Dieses ist die intelligible Welt, Welt, insofern sie etwas Gefundenes ist, intelligibel in wiefern sie nur gedacht und nicht angeschaut wird. Die Welt der Erfahrung wird auf die intelligible gebaut, beide sind zugleich, eine ist nicht ohne die andere, sie stehen im Geiste in Wechselwirkung. 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 151

 


Nota. - Für Marx und Engels, die sich im Anschluss an Feuerbach eben erst Materialisten genannt hatten, war die Herkunft des Denkens aus Arbeitsteilung und Kooperation der historisch wirklichen Individuen kein Problem: Vom Himmel gefallen waren sie ja wohl nicht.

Nein, vom Himmel gefallen waren sie auch für den Transzendentalphilosophen Fichte nicht. Aber irgendwoher mussten sie doch gekommen sein - und aus der toten Materie ja wohl nicht.

Marx und Engels erzählen Geschichte, die sich in Raum und Zeit zugetragen hat. Das ist nicht Sache der Trans- zendentalphilosophie. Sie beginnt als Vernunftkritik: Was ist Vernunft und woher kam sie? Die Analyse ergibt: Im Unterschied zu totem Stoff ist sie Bestimmung desselben als dieser oder solcher. Vorausgesetzt ist also, in wel- cher Gestalt auch immer, ein bestimmendes Vermögen. Das ist grob gesagt das, was Fichte unter Ich versteht. Ein Vermögen, das, da es selber noch nicht bestimmt ist, sich-bestimmen muss. Historisch aufgefasst wäre es wie Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht.

Historisch betrachtet aber die Transzendentalphilosophie die Sache gerade nicht, sondern - und zwar in einem materialen Sinn - logisch, nämlich auf ihre Herkunft hin.* Aber irgendwann wird sie doch historisch werden müs- sen, wenn sie nämlich wirklich werden will! Der Übergang der bislang stets nur sich-selbst bestimmenden Intel- ligenz zum Bestimmen von Dingen außer ihr und ihr Übertreten in eine reale Welt sind ein Sprung, zu dem sie in sich selbst keine Veranlassung findet. Es musste ihr eine akute Notwendigkeit gegeben werden. 

Und siehe da - die zur Vernunft strebende Intelligenz findet sich vor als Teil einer historisch gegebenen Reihe vernünftiger Wesen, die sie auffordern, es ihnen gleichzutun und sich in der wirklichen Welt Zwecke zu setzen. Die Aufforderung ist kategorisch, denn auch wenn sie ihr nicht Folge leistet, setzt sie - nämlich keinen Zweck.

Es ist ja immer die Rede vom Werden der Welt für die Vorstellung. Und sobald sie die Aufforderung, sich Zwecke in der wirklichen Welt zu setzen, hört und versteht, ist die wirkliche Welt in der Vorstellung und die Vorstellung in der Welt. Das ist der Sprung, auf den es ankam.

Mit andern Worten, die Vernunft kann es sich nicht anders vorstellen, als dass sie immer 'da gewesen' sei.

Historisch-materialistisch - nämlich kritisch - ausgedrückt heißt das: Den Markt hat es immer gegeben, jede Art menschlichen Zusammenlebens ist als Austausch von Arbeiten aufzufassen, und der Wert ist eine Naturtatsa- che.

*) ...während sich die materialistische Auffassung von Marx und Engels um die Herkunft des Geistes gar nicht schert.

 





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