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Menschliche Vernunft können wir zwar in Gedanken und Worten zu einem
gewissen Zweck von anderen Kräften unserer Natur sondern; nie aber
dürfen wir vergessen, daß sie in ihr abgesondert von anderen Kräften
nicht existiert. Es ist dieselbe Seele, die denkt und will, die versteht
und empfindet, die Vernunft übt und begehrt.
Alle diese Kräfte sind
nicht nur im Gebrauch, sondern auch in ihrer Entwicklung, vielleicht
auch in ihrem Ursprung einander so nah, so mitwirkend und verwickelt ineinander, daß wir nicht glauben dürfen, wir haben ein anderes Subjekt
genannt, wenn wir eine andere Verrichtung desselben nannten. Mit Namen
zimmern wir keine Fächer in unserer Seele; wir teilen sie nicht ein,
sondern bezeichnen ihre Wirkungen, die Anwendung ihrer Kräfte, die
empfindende und sich Bilder erschaffende, die denkende und sich
Grundsätze erschaffende Seele sind ein lebendiges Vermögen in verschiedener Wirkung.
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Johann Gottfried Herder, Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft, I. Kapitel: Titel und Einleitung
Nota. - Herders Übereinstimmung in diesem Punkt ausgerechnet mit Fichte dürfte dem einen so unerfreulich wie dem andern gewesen sein.
JE. 20. 6. 14
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