aus spektrum.de, 4. März 2019
Zenon von Elea, die Bewegung oder Wie man suchend das Bessere fand.
Von Josef Honerkamp
Ein
Schüler von Parmenides, Zenon von Elea (um -490 bis um -430) gewinnt
noch heute besondere Aufmerksamkeit durch die Paradoxien, mit denen er
seine philosophisch interessierten Zeitgenossen nervte. Inzwischen
verstehen wir unter Paradoxien Argumentationen, die deshalb zu
Widersprüchen führen, weil eine unklare bzw. falsche Vorstellung eines
Begriffs im Spiel ist. Das war damals für die Bewegung wie für die
Unendlichkeit der Fall. Heute haben wir klare Vorstellungen von diesen
Begriffen und können die Paradoxien, die seine Diskussionspartner so
verunsicherten, auflösen.
Zenon wollte mit seinen Überlegungen die Thesen seines Lehrers Parmenides stützen. So wenigstens lesen wir es in Platons Dialog Parmenides, in dem er Zenon sagen lässt: (nach (Mansfeld & Primavesi, 2011, pp. 365, Nr. 5):
In
Wirklichkeit ist meine Schrift so etwas wie eine Unterstützung der
These des Parmenides, die auf diejenigen zielt, die versuchen ihn
lächerlich zu machen.
Besonders
berühmt sind seine vier Bewegungsparadoxien. Wir wollen uns hier mit
der dritten Paradoxie beschäftigen, weil sie auf einem Irrtum beruht,
dessen Aufklärung am Anfang der modernen Physik stand. Es geht hier um
den augenscheinlichen Widerspruch zwischen der Beobachtung eines
fliegenden Pfeils und der Behauptung des Parmenides, dass diese Bewegung
des Pfeils nur scheinbar vorhanden sei, da ja das Seiende in absoluter
Ruhe verharre.
Ein fliegender Pfeil, so
argumentiert Zenon, sei zu einer gegebenen Zeit an einem bestimmten Ort,
der immer so groß ist wie der Pfeil selbst. Da er ja im „Jetzt“ dort
sei, könne er auch nicht in Bewegung sein. Er befinde sich also in jedem
Moment in Ruhe, der Pfeil stehe also eigentlich still. Die Bewegung,
die wir beobachten, sei nur Schein.
Ich
finde diese Argumentation nicht überzeugend. Immerhin aber zeigt Zenon
schon eine Skepsis gegenüber unseren alltäglichen Wahrnehmungen, wenn
auch in höchst extremer Form. Auf jeden Fall aber scheint mir Zenon die
Vorstellung zu haben, dass in jedem „Jetzt“ der Zustand eines Pfeils
allein durch einen Ort bestimmt ist, und er nimmt an, dass somit eine
Bewegung nicht vorhanden ist. Aristoteles sagt im Widerspruch dazu: „Im
„Jetzt“ kann weder Ruhe noch Bewegung stattfinden“ (Mansfeld &
Primavesi, 2011, pp. 383, Nr. 23). Er sieht also schon, dass Zenon hier
bei der Beschreibung des Zustands eines bewegten Körpers nur an das
Nächstliegende denkt. Das Argument Zenons überzeugt auch ihn nicht. Sein
Gegenargument führt aber auch nicht weiter.
Das Pfeil-Paradoxon
löst sich auf, wenn man weiß, dass der Zustand eines Körpers im Raum zu
jeder Zeit, in jedem „Jetzt“ also, durch einen Ort und (!) durch eine
Geschwindigkeit (bzw. einen Impuls) bestimmt ist.
Dies
war die Entdeckung Galileis im frühen 17. Jahrhundert. Er studierte die
Bewegung einer kleinen Kugel, wenn diese auf einer schräg aufgestellten
langen Holzrinne herabrollt. Dabei stellte er nicht nur fest, dass die
Strecke, die sie dabei auf der Holzrinne durchläuft, mit dem Quadrat der
Zeit anwächst. Er verlängerte die Rinne auch über den schrägen Teil
hinaus und beobachtete, dass die Kugel auf der dann horizontal liegenden
Rinne umso länger weiterläuft, je weniger ihr Lauf durch Unebenheiten
des Untergrundes beeinträchtigt wird. Bei idealem Untergrund müsste sie
dann wohl immer weiterlaufen, folgerte er. Die Bewegung bleibt, wie sie
ist, wenn keine äußeren Einflüsse auf das sich Bewegende wirken.
Die
Bewegung ist also ein Zustand. In der mittelalterlichen
„Impetustheorie“ war die Bewegung noch ein Prozess: Es musste ständig
ein „Impetus“ wirken. Dieser würde dem Körper zu Beginn mitgegeben,
hielt die Bewegung aufrecht, wurde aber auch langsam aufgebraucht,
sodass sie allmählich zum Erliegen kam. Galilei führte dagegen ein
Erlahmen einer Bewegung auf äußere Einflüsse zurück, z.B. auf Reibung.
Indem er so von äußeren Umständen absah, konnte er ein Prinzip der Natur
entdecken, dass sich als außerordentlich fruchtbar für die weitere
Entwicklung der Physik zeigen sollte. Ich werde bald darauf
zurückkommen. Vorher müssen wir uns aber anschauen, wie eine
Geschwindigkeit im „Jetzt“ denn konkret fassbar ist.
Die momentane Geschwindigkeit
Galilei
hatte noch nicht die Möglichkeit, eine momentane Geschwindigkeit zu
berechnen. Auf mathematischem Gebiet war er noch auf der Stufe der
antiken Griechen, bei denen die Geometrie als Beschreibung der Natur im
Vordergrund stand. Sein Zeitgenosse, der französische Philosoph und
Mathematiker René Descartes entdeckte aber, wie man geometrische
Probleme in arithmetische umwandeln konnte. Eine „Analytische Geometrie“
entstand, die einen großen Fortschritt gegenüber der antiken Mathematik
darstellte und mit der man zum ersten Mal über den Stand der antiken
Griechen hinauskam.
Man lernte nun, den Ort eines Punktes in
einem Koordinatensystem zu beschreiben und solche Punkte als Orte von
materiellen Körpern zu sehen, wenn man von deren Ausdehnung
abstrahierte. Man konnte so auch den Ort x(t) des Körpers in
Abhängigkeit von der Zeit t in einem Koordinatensystem darstellen.
Eine
mittlere Geschwindigkeit in einer Zeitspanne dt war leicht zu
berechnen, indem man das Verhältnis dx/dt bildete, wobei dx die in der
Zeit dt zurückgelegte Distanz sein möge. Schwierig wurde es aber, wenn
man zur momentanen Geschwindigkeit extrapolieren wollte, wenn also die
Geschwindigkeit im „Jetzt“ zu bestimmen war. Die Zeitspanne dt sollte ja
eigentlich Null sein, die Entfernung dx damit auch, und das Verhältnis 0
zu 0 ergibt ja keinen Sinn. Man musste irgendwie eine sehr kleine
Zeitspanne dt wählen, die aber beliebig klein sein sollte, aber immer
noch ungleich 0.
Irgendetwas mussten diese Größen mit dem „unendlich
Kleinen“ zu tun haben. Infinitesimale nannte man sie. Es war keine klare
Vorstellung, aber es gelang doch mit ihnen konsistent das Verhältnis
dx/dt im “Jetzt”, den „Differentialquotienten“, zu berechnen. Diese
„Infinitesimalrechnung“ wurde von zwei großen Denkern der damaligen Zeit
unabhängig voneinander für allgemeine Funktionen f(x) entwickelt: Isaac
Newton benötigte dieses Wissen für seine Überlegungen zur Bewegung.
Gottfried Wilhelm Leibniz sah es als rein mathematisches Problem an,
welches man lösen musste, wenn man in einem Diagramm die Tangente in
einem Punkt der Kurve einer Funktion bestimmen wollte.
Einige
Zeit standen solche Rechnungen hoch im Kurs; sie inspirierten zu vielen
neuen Ideen und Fragen. Ende des 18. Jahrhunderts genügte den
Mathematikern die Begründung solcher Rechnungen mit Infinitesimalen
nicht mehr. Der italienische Mathematiker Lagrange fand ein Verfahren
zur Berechnung des Differentialquotienten, ohne den Begriff der
Infinitesimalen nutzen zu müssen. In den 1960er Jahren konnte
schließlich im Rahmen einer so genannten Nichtstandard-Analysis mit den
hyperreellen Zahlen ein neuer Zahlentyp definiert werden. Eine klare
Definition der Infinitesimalen wurde nun möglich: Sie waren bestimmte
hyperreelle Zahlen.
In der Mathematik geht es manchmal auch wie
in der Physik und eigentlich in jeder Wissenschaft zu: Neue Konzepte
sind zunächst nicht immer klar definiert. Man kann sie aber schon nutzen
und wenn man merkt, dass sie „etwas taugen“, fängt man irgendwann an,
sich um die begrifflichen Grundlagen zu kümmern. Aber es dauert oft
einige Zeit, bis eine zufriedenstellende Klarheit erreicht ist.
Die Evolution der Bewegungstheorie: Man findet „suchend das Bessere“
Das
Wissen darum, wie die momentane Geschwindigkeit aus einer
zeitabhängigen Ortskoordinate zu berechnen ist, war Voraussetzung für
eine Theorie der Bewegung in der Sprache der Mathematik. Während Galilei
bei dem freien Fall eine Beziehung zwischen Wegstrecke und Zeit
entdeckt hatte, ging es in einer Theorie nun darum, auch den Ort und die
Geschwindigkeit eines Körpers in Abhängigkeit von der Zeit zu
beschreiben.
Die Physiker und Mathematiker der damaligen Zeit kannten sehr gut ihre antiken Vorbilder. Insbesondere die Elemente Euklids
von Alexandria, in denen dieser die damals bekannten Gesetze der
Geometrie in eine „logische Ordnung“ gebracht hat. Euklid hat damit
einen Maßstab dafür gesetzt, wie eine mathematische oder physikalische
Theorie auszusehen hat. Am Anfang stehen Definitionen, Konventionen und
Axiome. Danach müssen alle Aussagen der Theorie aus den Axiomen logisch
zwingend, nach mathematischen Schlussregeln, ableitbar sein.
Newton
formulierte seine Theorie nach diesem Vorbild. Die Idee Galileis, dass
die Bewegung ein Zustand sein kann, nahm er als ein erstes Axiom in
seine Theorie der Bewegung auf, die heute auch als „Newtonsche Mechanik“
bekannt ist: „Ein Körper bleibt in Ruhe oder in
geradlinig-gleichförmiger Bewegung, wenn keine Kräfte auf ihn
einwirken.“
Hier muss natürlich vorher in den Definitionen etwas
über Raum und Zeit gesagt worden sein, damit man weiß, was
geradlinig-gleichförmig heißen soll. Man muss also wissen, was eine
gerade Linie ist, und man muss etwas über den Verlauf der Zeit sagen,
bevor man von einer gleichförmigen Geschwindigkeit sprechen kann, also
von einer, die in Richtung und Größe konstant ist. Erst dann kann man
von dieser speziellen Bewegung in dem Axiom reden und postulieren, dass
diese Bewegung bestehen bleibt, wenn es keine äußere Einwirkung auf den
sich bewegenden Körper gibt.
In einem zweiten Axiom beschreibt
Newton dann folgerichtig ein Verfahren, wie man eine mathematische
Gleichung für den Fall zu formulieren hat, dass nun eine äußere Kraft
auf den Körper wirkt. Mit einem geeigneten mathematischen Ausdruck für
die Kraft kann man dann, unter Berücksichtigung vorliegender Umstände,
aus einer solchen Bewegungsgleichung alle Bewegungen am Himmel und auf
der Erde berechnen.
Diese hier nur kurz skizzierte Newtonsche
Theorie der Bewegung galt vom Ende des 17. Jahrhunderts über 200 Jahre
lang als einziges Ideal einer wissenschaftlichen Theorie und stellte in
ihrem Aufbau als axiomatisch-deduktives System ein Vorbild für
zukünftige Wissenschaften dar.
Hier ist nun Gelegenheit, von
zwei anderen Theorien der Bewegung zu sprechen, und zwar einerseits von
einer Theorie, die Aristoteles etwa 2.000 Jahr früher formuliert hatte,
und andererseits von einer Theorie, die Albert Einstein gut 300 Jahre
später entwickelte und bald „spezielle Relativitätstheorie“ genannt
wurde. Man kann an diesen drei Theorien sehr schön demonstrieren, wie in
der Tat im Laufe der Zeit die Menschen „suchend das Bessere“ fanden.
Diese Geschichte beschreibt keinen Sonderfall.
Man kann viele derartige
Beispiele finden. Aber charakterisieren wir erst einmal die beiden
anderen Theorien:
Aristoteles war ein großer Systematiker, und
so unterschied er erst einmal die Bewegungen am Himmel von den
Bewegungen auf der Erde. Die irdischen Bewegungen unterteilte er wieder
in Bewegungen der Lebewesen, in natürliche und schließlich in erzwungene
Bewegungen. Für jede Art der Bewegung gab er einen anderen Grund an.
Die Bewegungen am Himmel zeigten die ewige Ordnung. Bei natürlichen
Bewegungen wurde die „gestörte Ordnung“ wiederhergestellt, z.B. steigt
Rauch auf und ein Stein fällt zur Erde, weil Leichtes oben seinen Platz
hat und Schweres unten. Bei einer erzwungenen Bewegung muss ständig eine
Kraft wirken, sonst käme sie zum Erliegen.
Diese Aristotelische
Bewegungstheorie hatte mehr als 2.000 Jahre Bestand. Noch zu Galileis
Zeiten wurde sie in den Akademien gelehrt und Galilei hatte sich selbst
intensiv damit auseinandergesetzt, bis er sie schließlich überwand.
Durch
die Newtonsche Theorie wurde sie schließlich vollständig ersetzt, denn
diese ist offensichtlich „besser“. Aus den Bewegungsgleichungen der
Newtonschen Theorie konnte man mit einem bestimmten Ausdruck für die
Kraft, die ein Körper aufgrund seiner Masse auf einen anderen Körper
ausübt, die drei Keplerschen Gesetze für die Bewegungen der Planeten um
die Sonne ableiten, sogar die Wiederkehr eines Kometen genau
vorhersagen. Mit weniger Annahmen kann man also mehr Phänomene erklären.
Die Theorie macht auch Vorhersagen, die geprüft werden können und in
der Tat auch bestätigt wurden. Bis heute ist sie für Berechnungen bei
alltäglichen Bewegungen unverzichtbar.
Die von Albert Einstein
entwickelte Theorie der Bewegung, die spezielle Relativitätstheorie, ist
wiederum besser als die Newtonsche Theorie. Motivation für die
Entwicklung waren Probleme mit der seit der Antike herrschenden
Vorstellung, dass das ganze Universum von einer feinstofflichen
Substanz, einem „Äther“ erfüllt ist. Dieser sollte auch Träger der
elektromagnetischen Wellen sein, die man damals erst seit etwa zwei
Jahrzehnten kannte. Der Äther sollte auch die absolute Ruhe markieren
und man wollte die Bewegung der Erde gegen diesen messen. Wann immer und
wie immer man es anstellte, man konnte keine solche Bewegung entdecken.
Einstein
ergriff gewissermaßen den Stier bei den Hörnern. Er machte dieses
negative Ergebnis zum Prinzip seiner neuen Theorie: „Die Geschwindigkeit
des Lichtes ist in jedem Inertialsystem unabhängig von der
Geschwindigkeit der Lichtquelle.“ Das bedeutet also: Wie immer ich mich
auch relativ zur Lichtquelle bewege, ich messe immer die gleiche
Geschwindigkeit für das Licht.
Auch diese Theorie ist als
axiomatisch-deduktives System aufgebaut. Sie ist als solche sogar
besonders „elegant“, denn sie baut nur auf diesem Prinzip auf wie noch
auf einem „Relativitätsprinzip“, das man schon aus der Maxwellschen
Theorie für die elektromagnetischen Phänomene kennt. Eine Fülle von
Phänomenen konnte dann vorhergesagt werden; diese unterscheiden sich zum
Teil frappierend von unseren Alltagserfahrungen, konnten aber
inzwischen alle experimentell nachgewiesen werden.
Man ließ die
Hypothese, dass es so etwa wie einen Äther geben sollte, fallen. Man
brauchte ihn nicht mehr. Es gibt keine absolute Ruhe, stattdessen aber
eine absolute Geschwindigkeit: Die Geschwindigkeit des Lichtes, wie man
sie im Vakuum misst. Sie ist eine Obergrenze für die Übertragung von
Wirkungen.
Beim Vergleich dieser beiden Theorien stellt man
fest, dass die spezielle Relativitätstheorie eine Erweiterung der
Newtonschen Mechanik ist, und zwar in dem Sinne, dass die Aussagen
beider Theorien umso besser übereinstimmen, je kleiner die zu
betrachtenden Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind.
Für Geschwindigkeiten, die nahe an die Lichtgeschwindigkeit
heranreichen, werden aber die schon oben erwähnten verblüffenden
Phänomene vorhergesagt, die ja inzwischen auch alle bestätigt worden
sind.
Ein nützlicher Maßstab für die „Güte“ einer Theorie ist
ihr Gültigkeitsbereich. Die Newtonsche Theorie hatte schon einen sehr
großen Gültigkeitsbereich, denn mit ihr kann man alle Bewegungen
erklären, die „nichtrelativistisch“, also genügend klein gegenüber der
Lichtgeschwindigkeit von ca. 300.000 km/sec sind. Hier könnte man zwar
auch die Relativitätstheorie bemühen. Das wäre aber unnötig, nur
mühevoller. Wenn man nun zunehmend größere Geschwindigkeiten betrachtet,
werden die Aussagen der beiden Theorien mehr und mehr differieren. Man
verlässt den Gültigkeitsbereich der Newtonschen Theorie, bleibt aber im
Gültigkeitsbereich der Relativitätstheorie. In diesem Sinne ist sie also
eine Erweiterung der Newtonschen Mechanik und damit die bessere
Theorie.
Wenn wir das Bild von einer Evolution von Theorie
bemühen, dann kann man sagen, dass die Aristotelische Theorie 2.000 Jahr
überlebte, weil es keine andere Theorie gab, die ihr gefährlich werden
konnte. Mit der Newtonschen Theorie trat aber ein solch dominanter
Konkurrent auf den Plan, dass sie bald “ausstarb”. Die spezielle
Relativitätstheorie ist dann eine Fortentwicklung der Newtonschen
Theorie, so dass es nun zwei Theorien gibt, die aber beide ihre eigenen
Lebensräume haben. Dort, wo diese sich überlappen, kann jede Theorie zu
ihrem Recht kommen.
Aristoteles – Newton – Einstein:
Aristoteles hat vorgelegt, Newton und Einstein „fanden suchen das
Bessere“. Wer weiß, wann jemand kommt und noch etwas Besseres findet,
und welche weiteren Einsichten wir dann über die Bewegung und damit über
Raum und Zeit erlangen. Nur eines scheint mir nach 2.500 Jahren klar zu
sein: Der Weg des Xenophanes, „suchend das Bessere“ zu finden, ist auch
der bessere Weg zur Erkenntnis.
Nota. - Das Paradoxon vom fliegend ruhenden Pfeil ist eine Petitio principii. Er hat die als Begriffe ge- fassten Anschauungsformen Raum und Zeit vorausgesetzt, die Bewegung aus ihnen zusammengesetzt und hinterher gefunden, dass beide inkommensurabel sind. Das Manko schreibt er der Zeit zu, denn der Raum ist zeitlos. Allerdings war die Anschauung der Bewegung faktisch und logisch eher da, als die Reflexions- produkte* Raum und Zeit. Das ist überhaupt kein Thema der Naturwissenschaft, sondern der Transzen- dentalphilosophie.
Die Physik stellt ihre Aussagen in symbolischen Formen dar, und die sind tot. Sie müssen digital mitgeteilt werden, Bewegung dagegen wird analog angeschaut. Dass die Physik zwei Jahrtausende brauchte, dies Dilemma zu umgehen, kann nicht wundern. Es war auch kein Ergebnis von Messungen, sondern von mathematischer Reflexion.
Wenn Galileo sagt: So ist es, schau doch hin!, entgegnet Zenon kaltblütig: Trau deinen Augen nicht. Alles nur Schein. Man hätte ihm den Pfeil schon durch die Brust schießen müssen, aber seiner Erkenntnis hättte das nichts mehr genützt.
*) Anschauung ist die Elementarform der Reflexion.
Im übrigen war Aristoteles kein Systematiker, sondern
ein Kompilator. Er leitete nicht ab und konstruierte nicht, sondern sortierte,
was er vorfand, und stellte zusammen, was zusammengehört. Einen immanenten Zusammenhang
kannte er nicht, denn einem jeden Ding wohnt eine eigene Bestimmung
inne, entelecheia. Dass alles schließlich zusammenpasst, war aus seiner
Lehre unerklärlich, und schon die Zeitgenossen ver- muteten, er habe neben seiner
öffentlichen, exoterischen Lehre seinen engeren Schülern eine geheime eso- terische
Lehre verkündet.
JE
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