Mittwoch, 31. Oktober 2018

Psychologie und Philosophie scheiden sich an der Frage nach der Wahrheit.


Die kategorische Unterscheidung philosophischer und psychologischer Betrachtung ist nichtsdestoweniger nur eine operative. Es geht ja in jedem Fall um das wirkliche Wissen. 

Die Unterscheidung betrifft die Frage nach der Notwendigkeit. Die Psychologie beobachtet, wie soundsoviele Menschen unter ihren je gegebenen Lebensumständen (ggf. im Labor) tatsächlich denken. Die philosophische Fragestellung will ergründen, ob sie mit Notwendigkeit so denken oder nur zufällig; also ob sie auch anders denken könnten, wenn... wahre Ergebnisse erzielt werden sollen. Die Frage nach der Wahrheit der Denkresultate und die nach der Notwendigkeit sind der Sache nach ein und dasselbe.

Nur unter der Voraussetzung, dass wahre Denkergebnisse überhaupt möglich sind, lässt sich richtiges von falschem Denken unterscheiden. Die psychologische Untersuchung kann sich allenfalls auf die Pragmatik des Denkens erstrecken: wie und wieweit aus Erfolg und Misserfolg des Denkens "im praktischen Leben" gelernt wird.

aus e. Notizbuch, 7. 12. 1994


In der Sache bin ich heute klüger. Die Notwendigkeit eines Denkens entscheidet in keiner Weise über die Wahrheit seiner Resultate. Wenn man unter Wahrheit nämlich eine Übereinstimmung zwischen der Vorstellung und ihrem Gehalt versteht; oder zwischen der Bedeutung eines Dings und seinem Sein. Das gibt es nicht nur nicht, sondern es hat nicht einmal Sinn. Was soll das heißen: der Geruch der Aprikose stimmt mit ihrem spezi- fischen Gewicht überein? Das ist einfach Quatsch.

Die Frage kann allenfalls sein, ob ich über die Schritte, durch die ich zu meinem Urteil über die Bedeutung des Dinges gekommen bin, Rechenschaft ablegen und zeigen kann, dass ich die gebotene Vorsicht habe walten lassen. Da die Bedeutung der Sache kein Objektivum ist, sondern eine Zurechnung, kann es gut sein, dass ich mich mit dem Einen oder Andern nicht über sie einigen kann. Denn die Bedeutung der Sache für mich hängt ab vom Zweck, den ich mit ihr verbinde. Verständigen sollten wir uns können, wenn wir den Zweck teilen. An- dernfalls müssten wir uns um den Zweck streiten.

Der oben angesprochene Unterschied zwischen Psychologie und Philosophie ist der: In der Philosophie geht es um unter gegebenen Bedingungen notwendige Urteile. Das wären solche, die - unter den gegebenen Bedingun- gen - jeder mit jedem teilen müsste. In der Psychologie geht es um die Meinungen, Ansichten und Gefühle, die ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen zufällig haben. Das eine hat mit dem andern so viel und so wenig zu tun wie das Ding mit seiner Bedeutung.










Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.

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