Donnerstag, 22. Januar 2015

Zugriff (Kleine Wissenslehre).



Alles, was ist, begegnet uns nur, sofern wir davon wissen. Wissen wir nichts davon, dann wissen wir nicht einmal, ob es ist. Es ist also so gut, als wäre es nicht. - Was ist aber das Wissen selbst? Also das Wissen unab- hängig davon, was wir wissen? Das Wissen ohne Was ist die bloße Form des Wissens. Es ist die Art des Zu- griffs auf ein Was (was immer es sei). Der Zugriff ist ein Akt. Durch diesen Akt werde ich selbst allererst Bestandteil des Wissens, zu einem, der im Wissen (nämlich seinem) vorkommen kann: als ein Wissender. 

Am Ende fallen wir in diese Plattheit: Wissen ist überhaupt nur Ausdruck von einem aktiven Verhalten zu Etwas. Ein Akt, durch den etwas Etwas wird und [sich das vegetative Selbst] aus der Latenz zusammenrafft zu einem Ich.

Da ich es getan habe, muss ich es zuvor gekonnt haben. Dieses Können kann ich nirgendwo auffinden. Ich kann es im Tun gewissermaßen erleben, tuend anschauen, aber weder vorher noch hinterher haben.

aus e. Notizbuch, 13. 7. 03


Das ist es, was die Transzendentalphilosophie substanziell von allen andern philosophischen Tendenzen unterscheidet: Sie unterstellt die Subjektheit als zugreifend. 

Kein Wunder, dass sie im letzten Jahrhundert, das vom zehrenden Selbst geprägt war, keine Freunde gefunden hat. Das wird sich erst ändern, wenn sich das Zeitalter ändert.

(Der vollendete Ausdruck des zehrenden Selbst war der Feminismus. Der ist auf dem Rückzug, das lässt hoffen.)



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