aus Fichtiana
Also Vernunft, die intelligible Welt, ist schon da, wenn ich die Kette meiner Erfahrungen beginne, sie besteht in der 'Reihe vernünftiger Wesen', in die ich selber hineingeboren bin. Unter ihnen finde ich mich, erfahre ich mich als Individuum, nach ihrer Maßgabe denke ich mich als Ich. Nämlich jeweils, wenn ich mich als wollend vorfinde. Für die (rückblickende) Reflexion ist das Wollen daher das Erste.
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Tatsächlich ist die Prämisse einer 'Reihe vernünftiger Wesen' nichts anderes als die Vorausgesetztheit einer 'intelligiblen Welt'. Die intelligible Welt wiederum ist nichts anderes als - die Vernunft selbst. Mit andern Worten: Vernunft ist nichts anderes als das praktische Übereinkommen wirklicher Personen, im wechselsei- tigen Verkehr nach gemeinsamen Zwecken = empirischen Willensbestimmungen zu suchen und fortzufahren. Diese Übereinkunft schafft in der Zeit nicht nur faktische, sondern auch logische (real logische) Folgen. Ver- nunft ist keine Tatsache, sondern Vollzug einer Absicht.
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Dass Vernunft sei, nehme ich nicht wahr in der Begegnung mit andern Wesen, die ich hinterher als vernünftig ansehen werde wie mich selber. Wahr nehme ich bloß, dass sie da sind neben mir. Aus diesem bloßen Umstand schließe ich - finde ich? postuliere ich? -, dass da ein Medium sein muss, in dem wir miteinander bestehen.
Mit andern Worten, die 'vernünftigen Wesen' sind - in meiner Vorstellung - eher da, als die Idee der Vernunft. Ich finde, dass sie 'in gewisser Hinsicht' mir gleich sind, oder ich ihnen. Dieses Tertium will ich Vernunft nen- nen. Wie weit es reicht, wird man sehen; was es ist, muss man dann nicht wissen.
aus meinen Kommentaren zu Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 150f.
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