Mittwoch, 14. Januar 2015

Was uns der Irrsinn über den Sinn lehrt.


Die herkömmliche Diskussion Welt/Umwelt (Pleßner: der Mensch lebt in einer Umwelt vor dem Horizont der Welt) krankt daran, dass beides, Welt und Umwelt, als zwei Obiectiva  genommen wurden. Aber der Umwelt-Begriff von Uexkülls zielt nicht auf den faktischen, sondern auf den Bedeutungs-Bestand der (jeweiligen) Um- welten ab (was wäre denn eine 'faktische' Umwelt vor einer 'bedeutenden'?!).

Ebenso wie die 'geschlossene' Umwelt ist die "offene" Welt ein Raum von Bedeutungen; aber eben kein ge- schlossener, sondern "offener" - d. h. gar keine Gegend, sondern nur ihr Horizont. Wenn das aber so ist, dann ist sie ein unbestimmter Raum - einer, dessen Grenze "zurückweicht, je näher man ihr kommt". Das heißt in der Umkehrung: die Bedeutungen 'in' diesem Raum sind nur provisorisch, hypothetisch, virtuell, latent "bestimmt" - in suspense. Damit sie gelten können, muss ich ihre Gültigkeit für mich je "aktualisieren".

Dass daher 'unsere Welt' vor 'meiner Welt' ontologischen Vorrang habe, ist eine optische Täuschung (weil jene währt, diese nicht). Nennen wir 'unsere Welt' mit Dilthey 'objektiven Geist', dann kann ich auch 'Dinge' dar- unter verstehen - z. B. Institutionen; die haben eine 'dingliche Seite', das ist das Objektive daran. Aber objekti- ver Geist sind sie nur insofern, als ich (oder ein anderes Ich) ihre Bedeutung für mich realisiere; ihre Latenz ent/decke. 'Meine Welt' ist diejenige Instanz,  die 'unsere Welt' immer erst zur Wirklichkeit bringt (dýnamis/enér- geia). 

'Unsere Welt' ist in ihrer Wirklichkeit die "Schnittmenge" all dessen, was historisch daseiende Menschen aus dem Arsenal möglicher gegebener Bedeutungen in ihre Privatwelten aufgenommen haben; und worüber sie ipso facto kommunizieren, "sich verständigen" können. Historisch ist der 'objektive Geist' eher da als die privaten Welten. Aber ontologisch ist "meine Welt" eher da. 

Der Beweis?

Es kann Privatwelten geben ohne jeglichen Anteil von 'objektivem Geist' (das würden wir Irrsinn nennen); aber es gibt ein 'objektive' Welt nicht ohne die, nicht außerhalb der Privatwelten der historischen Individuen.

16. 10. 03



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen