Rainer Sturm, pixelio.de
Das Ästhetische steht eo ipso in Gegensatz zum diskursiven Denken – insofern jenes Ökonomie der Vorstellung ist; nämlich als Produktion von bezweckten Ergebnissen (‚Schlüssen’) aus vorliegendem Stoff (‚Gründen’), und zwar sparsam: die Gründe müssen zureichen, aber man bemüht davon nicht mehr als nötig; beides zusammen: das Argument muß zwingend sein. Denn das bedeutet: jederzeit reproduzierbar.
Sieht man ab zuerst auf die Zwecke der Vorstellung, ergibt sich das Bild der Teleologie. Sieht man dagegen ab auf die hinreichenden Gründe, ergibt sich das Bild der Kausalität – beide sind Vorder- und Rückseite desselben Vorstellungskomplexes, der sich, d. h. den wir Rationalität nennen. In jedem Fall geht es um das Hervorbringen, Ableiten oder Konstruieren der Vorstellungsgehalte; nicht, wie im ästhetischen Erleben, um wahr&wertnehmen uno actu. Darum kann man es, anders als jenes, wollen – und muß es wollen, weil es „nicht von alleine kommt“.
aus Rohentwurf, 9.
Nachtrag, Nov. 2013
Rationalität, schrieb ich, könne und müsse man wollen - im Gegensatz zum ästhetische Erleben, das "von alleine kommt". Das habe ich inzwischen berichtigt. Theoretisch, in der transzendentalen Darstellung, kommt das ästhetische Erleben 'von alleine'. Aber wir historischen, wirklichen Menschen, denen in unserer modernen bürgerlichen Welt das rationelle Absehen auf nahe wie fernere Zwecke habituell geworden ist, müssen uns erst zusammenreißen und die Zwecke absichtlich beiseite schieben, um das ästhetische Erleben als solches freizulegen. Als solches - d. h. vor der rationellen Bewusstseinsstellung der modernen Menschen war das ästhetische Erleben zwar 'da'; aber nicht als solches, sondern unkennntlich vermengt in den breiten Strom der noch ungeteilten Wahrnehmung. Vor dem Sieg der Rationalität; weshalb es noch heute als Quell des Irrationalen erscheinen mag, der es gar nicht ist.
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