Soehnée
Das autonome Subjekt ist kein Naturdatum. Es muss sich bilden. Das Bilden geschieht durch das Einordnen alles Wirklichen (Erlebten) in das Spannungsfeld zwischen zwei Polen: 'Ich' und 'die Welt'. (Beide haben ein 'Sein' nur als Pole dieses Feldes.)
Unsere Welt ist die Wirklichkeit, betrachtet vom Pol 'Welt' aus, meine Welt ist die Wirklichkeit, betrachtet vom Pol 'Ich' aus. Beide sind Abstraktionen: nämlich vom wirklich-Erlebten.
Persönlichkeitsstörungen sind das Aufgeben des einen Pols zugunsten des andern.
aus e. Notizbuch, 5. 9. 08
Man erkennt es an der Schwierigkeit, ein gegenwärtig Erlebtes in unsere Welt oder meine Welt einzuordnen. Doch sobald es irgend Gegenstand der Reflexion werden soll, muss ich es in eins von beiden einordnen; näm- lich meinen Gesichtspunkt wählen! Danach scheiden, was ich vor Anderen vertreten muss und wofür ich nur mir selbst verantwortlich bin.
Ja ja, da sind ein paar andere, die ich, willig oder nicht, in meine Welt hineingelassen und womöglich aufgenom- men habe. Das sind Andere eigener Art. Die gehören zu unserer Welt erst in zweiter Linie.
Der Andere ist ein Abstrakt-Allgemeiner, die Reihe vernünftiger Wesen, lauter Iche außer mir. Mit mir teilen sie den Bezug auf den Zweck der Zwecke, den bringen sie gegen mich so wie ich gegen sie zur Geltung. Wir ver- treten die Vernunft gegen einander. Und wenn ich's recht bedenke: In meinem wirklichen Leben kommt gar nicht so viel vor, was in diese Rubrik fällt! Auf den ersten Blick glaubte ich, unsere Welt sei unermesslich größer als meine Welt. Aber dann doch bloß in der Denkpause. Fürs wirkliche Leben ist sie fast nur ein Korridor ne- benan.
JE
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