Sonntag, 8. Juli 2018

Die Widersprüche im System auflösen.


In einem philosophischen System alle Widersprüche auflösen wollen ist unvernünftig. Jede Lösung eröffnet ein Feld für neue Widersprüche: Setzen ist Entgegensetzen. 

Versuchen muss man es doch, wie will man sonst vorankommen?

*

Fichte sagt, man müsse von jeder Stelle im System aus zu jeder anderen gelangen können, so dass eine jede ebensogut Anfang und Mittelpunkt des System sein könne wie alle jene. Dabei handelt es sich offfenbar um das logische System der wechselseitig durcheinander bestimmten Begriffe; "alles, was der Fall ist". Als solches lässt es sich in der Tat nicht darstellen. Man fände keinen Anfang, aber auch keinen Abschluss. Es ist in jeder Rich- tung offen. 

Das System der Transzendentalphilosophie ist eine genetische Abfolge von Vorstellungen, wo eine jede nur aus den vorangegangenen hervorgehen kann. Es ist ein Fortschreiten, wenn auch nicht linear, so doch systemisch. Während im logischen System alles gleichzeitig, synchronisch (eigentlich a-chronisch) ist, hat das System der Transzendentalphilosophie einen (diachronischen) Verlauf. Nur in der Reflexion lässt er sich umkehren, nicht reell.


Es ist "nach außen", seinem Umfang nach, abgeschlossen. Es hebt an mit dem Wollen und endet beim fiktiven Schlussstein des Absoluten. Davor, daneben und dahinter ist nichts. "Nach innen", in die Tiefe, kann es gar nicht abgeschlossen werden, denn innen reproduzieren sich die Widersprüche in dem Maß, wie sie aufgelöst werden. Es ist nicht unendlich, aber genzenlos. 

Das System der Transzendentalphilosophie ist unverzichtbar, denn es begründet alles reale Wissen. Ein System der Welt* wäre zu nichts zu gebrauchen. 

*) Das physikalische Universum ist nicht die Welt. Eine Kosmologie, die die Möglichkeit anderer Welten postu- lieren muss, lässt sich eo ipso nicht in ein System bringen.

31. 5. 15 


Nachtrag. - Nicht unendlich, aber grenzenlos. Der (logische) Umfang ist gegeben. Das System hat ein oberes und ein unteres Ende: die beiden Absoluten. Über sie hinaus gibt es nichts Bestimmbares. Dort hört das Be- stimmen auf. Nach innen zeigt sich das System in beide Richtungen als eine Wechselbestimmung von Begrif- fen. Jeder Begriff ist ein Bestimmtes; aber ein transitorisch Bestimmtes. Eine jede Bestimmung lässt sich vor- antreiben. Die Vorstellung von einem vollständig Bestimmten ist eine logische Fiktion. Sie fiele zusammen mit einem Ding an sich. Dabei lässt sich nichts denken: Nur um dies zu erkennen, ist die Fiktion brauchbar.



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