Dieter, pixelio.de
... Von Bewußtsein zu reden, ist mir schon etwas zu eilig. In unserm
"Gewärtigsein von..." ist allerhand, das im (reflektierenden)
Bewußtsein nicht (mehr) vorkommt. Wolf Singer und Gleichgesinnte scheuen sich
nicht, allgemein von "Geist" zu reden, und in dem Punkt würde ich
ihnen nicht widersprechen.
... "Geist=Absicht", hat der Urromanitker Friedrich
Schlegel in einem "Fragment" geschrieben. "Intentionalität"
wurde in der phänomenologischen Philosophie von Edmung Husserl die spezifisch
menschliche Zugewandtheit zur 'Welt' und zu den 'Dingen' genannt.
Daß dem ein sogenanntes materielles Substrat zu Grunde liegt; daß das, was sich
zwischen den Neuronen im Gehirn abspielt, die Voraussetzung dafür ist, daß wir
nicht nur auf Reize reagieren, sondern auf das eine und von dem Anderen absehen
können, wird auch ein Gottgäubiger nicht bestreiten wollen. Aber daß der Geist,
weil er aus den physiologischen Vorgängen im Gehirn herkommt, auch selber
nichts anders ist als ein physiologischer Vorgang, ist ein gedankenloses Dogma.
Wolf Singer trägt dafür nur ein einziges Argument vor: "Die Natur macht
keine Sprünge."
... Gerade im
ganz kleinen Bereich macht "die Natur" kaum etwas anderes.* Auch Wolf
Singer wird ja wissen, welcher Sprung passiert, wenn ein Atomkern auseinander
gerissen wird. Das macht "die Natur" aber nicht von allein? Na schön,
dann reden wir davon, was passiert, wenn zwei Atomkerne fusionieren: Das macht
"die Natur" von allein! Sonst gäbe es kein Licht auf der Erde. Wenn
man es aber auf der Erde nachmachen würde - na, wenn das kein
"Sprung" wäre! Danach bräuchten wir bald kein Licht mehr auf der
Erde...
Das ist eine uralte Vorstellung, daß der Geist eine Art verdünnte,
"vergaste" Materie sei, da hat die Hirnphysiologie gar nichts hinzu
erfunden. Aber wenn dem so wäre, dann müßte sich - weil die Natur ja keine
Sprünge macht! - der Vorgang umkehren lassen und müßten sich Vorstellungen zu
Materie verdichten lassen. Wer weiß, vielleicht könnte man aus besonders edlen
Gedanken sogar Gold machen? Das wäre der endlich gefundene Stein der Weisen.
Ich stimme auch zu, daß das nicht eine theoretische Diskussion um Kaisers Bart
ist, sondern eine praktische Diskussion um die Willensfreiheit. Es geht nicht
darum, ob es theoretisch wahr ist, daß unsere Willensakte "durch
Freiheit" zustandekommen - und zu welchem Prozentsatz; sondern darum, daß
es praktisch richtig ist, daß einer sein Leben so führt, als ob er für sein Tun
und Lassen durch freie Wahl selbst verantwortlich ist. So hat es Kant gesehen,
so hat es Fichte gesehen, und so haben es die Romantiker gesehen, bevor sie
sich im Biedermeier ruhigstellen ließen.
aus e. online-Forum, 24. 9. 07
*) Es beginnt bei den ganz elementaren, aber oft missverstandenen "Quantensprüngen". Auf denen beruht unsere Welt, unser Mesokosmos.
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