Sonntag, 3. Mai 2015

Der Verstand ist eine Kümmerform des poietischen Vermögens.



... Historisch wird es andersherum gewesen sein. Das die Familie Homo vor allen Tieren auszeichnende poietische Vermögen, nämlich die Fähigkeit überhaupt, Qualitäten als solche aufzufassen, zu werten und gegeneinander zu gewichten, hat sich mit dem Übergang zu Sesshaftigkeit und Ackerbau, mit dem Auf- kommen der Arbeitsgesellschaft, zum verständigen Kalkül der kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile vereinseitigt: zum Verstand. Darüber hinausgehende Urteile über das Gute und Schöne wurden als feier- täglicher Luxus beiseite getan und als legitimierendes Privileg von den herrschenden Klassen usurpiert. Mit der Entfaltung der Arbeitsgesellschaft zur Großen Industrie hat sich die Nützlichkeit dann auch die inzwi- schen herrschende Klasse, die Bourgeoisie, ganz unterworfen und hat der Vorteil auch Ethik und Ästhetik durchsetzt; sie überlebten als Erbauung und Erholung vom geschäftigen Alltag.

Mit der Folge, dass ästhetisches Wahrnehmen heute einen besondern Akt der Reflexion voraussetzt.


 1. 1. 2014

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