Samstag, 22. Februar 2014

Philosophische Romantik.

CFalk, pixelio.de

 ... Kanonisch wurde Schlegels 'Fragment', wonach die Grundtendenzen des (damals) bevorstehenden neuen Jahrhunderts benannt wurden als "die französische Revolution, Fichtes Wissenschaftslehre und Goethes Wilhelm Meister". 'Wissenschaftslehre' - das sollte die Vollendung und Radikalisierung von Kants kritischer Philosophie werden, und ihr Dreh- und Angelpunkt ist allerdings 'das Ich', aber ganz und gar nicht Jenes, was sich zweihundert Jahre später "selbstverwirklichen" will - das ist immer nichts als das "Bedürfnis" -, sondern der praktische, nämlich zum Handel aus Freiehit verurteilte Anfangsgrund des Wissens. Nicht, wohlbemerkt, des bauchigen Ahnens und Wähnens.
 

Wahr ist allerdings, dass das nur für den - sehr kurzen, aber sehr steilen - aufsteigenden Ast der Romantik gilt. Nämlich ziemlich genau bis zur Jahreswende 1799/1800. Was danach kam, war eine lange, zählebige Abstiegszeit, die zwar literarisch außerordentlich fruchtbar war - vielleicht die fruchtbarste Literaturepoche aller Zeiten und Länder. Die aber im wesentlichen von dem Gedankenreservoir zehrte, das in den Aufbruchsjahren angelegt worden war. Zehrte, indem sie sie zur Unkenntlichkeit parodierte...
 

Es war nicht nur politisch, sondern eben auch geistig die Wende von der Revolutions- zur Restaurationsepoche, und was als Romantik begonnen hatte, idyllisierte sich langsam, aber sicher zum Biedermeier. All die organologischen, "ganzheitlichen" Schwärmereien, die sich heute romantisch wähnen, sind in Wahrheit Kinder der biedermeierlich beschaulichen, obskurantistischen deutschen Innerlichkeit. Wenn es da eine Parallele zu dem Aufbruch um 1968 gibt, dann ist es diese!

Die Romantik, als sie noch jung und nicht vergreist war, war bissig, kritisch, zersetzend und nihilistisch, und dabei fröhlich und heldisch und hatt' ihr Sach auf Nichts gestellt und war so wohl ihr in der Welt. 


aus e. online-Forum, 19. 9. 07:

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