Kandinsky, 1914
'Bestimmen' ist das Schlüsselwort der Wissenschaftslehre. Ist es ein Begriff?
- Der quasi-ontologische Grundstein ist Tätigkeit, und was ist Tätigkeit? Es ist im weitesten Sinn das Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Worauf bezieht sich aber 'bestimmen'? Nicht aufs Sein; das ist oder ist nicht. Sondern auf Gelten oder auf Bedeutung oder das, was man an einem Seienden als sinnhaft finden kann.
Doch anders als das da-Sein lässt sich Geltung nicht formalisieren. Nichts bedeutet "überhaupt", sondern immer nur dieses oder jenes; und nur diesem oder jenem. Es ist etwas Neues, das hinzukommt - zwar aus Bedin- gungen 'hervor gegangen', aber nicht aus ihnen zusammengesetzt. Mit andern Worten: Logisch, nämlich aus definierten Begriffen und geprüften Verfahren, lässt es sich nicht herleiten. Darum nennt Fichte seine Darstel- lungsweise eine genetische: Es sind sinnhafte, qualitative Setzungen, die sich nicht 'aus einander entwickeln', son- dern die ein Tätiger generieren muss, wenn sie geschehen sollen, und deren sinnhafter Implikationen er sich erst in nachträglicher Reflexion gewiss wird.
Qualitäten lassen sich nicht definieren, dazu müssten sie in Relation stehen, aber dann wären sie relativ und nicht qualitativ. Man kann sie nur anschauen, indem man sie einbildend selbst hervorbringt.
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