Sonntag, 29. Januar 2017

Das Transzendentale ist rein noumenal.


isha.sadhguru

Dass Transzendenz nicht in die Wissenschaft und also auch nicht in die Philosophie gehört, hat sich als stille Selbstverständlichkeit durchgesetzt, wenn auch an theologischen Fakultäten pro forma noch das Gegenteil gesagt wird und Astrophysiker, wenn sie die Siebzig überschritten haben, ihre Phantasie auch gern mal hinter den Urknall zurückschweifen lassen. Wirklich ist bloß die Wirklichkeit.

Wie ist das mit dem Transzendentalen? Die paar verbliebenen trotzigen Kantianer - Fichtianer gibt es auch wieder - meinen, dass die Positivismen verschiedener Couleur sie noch nie überholt, nicht einmal eingeholt haben. Doch ob das Transzendentale nun zur Wirklichkeit gehört oder doch nicht mehr, darf man sie nicht fragen: So einfach wär das nicht! Vielleicht sei es ja eine Realität sui generis, der Erfahrng zwar nicht zugäng- lich, kann dank passender Verrichtunger aber vielleicht doch spekulativ erschlossen werden? Nicht zu jeder Zeit und nicht durch jedermann, man kann gar nicht recht sagen, was es ist, man muss es selber ausprobiert, gewis- sermaßen erfahren haben wie das Mystische, sonst fasst man es nie...


Es wundert nicht, dass Studenten, die ein Faible für die Schärfe des Begriffs haben, die Transzendentalphiloso- phie unbeachtet links liegenlassen.

Man muss ein für allemal klarstellen: Das Transzendentale hat keine Realität, es ist rein noumenal; und um den Schlaumeiern zuvorzukommen: Auch als Begriff hat es keine Realität.

Es ist nicht ratsam, mit der Transzendentalphilosophie an ihrem historischen Ursprung bei Kant anzufangen. Kant ist nicht zuende gekommen und auf halbem Weg stehen geblieben. Nach einem ganzen Leben Kant- studium hat noch jeder mehr Fragen übrigbehalten als Antworten bekommen. Bis zum Schluss ist Fichte ge- gangen, oder doch beinahe, er hat kurz vorher doch noch kalte Füße bekommen und sich in die Büsche ge- drückt: Jacobi hatte ihm gesagt, er habe zwar gegen Kant völlig Recht, aber seine Philosophie könne lediglich den Nihilismus begründen, und egal, ob richtig oder falsch, sei sie daher zu verwerfen. Davor ist Fichte zurück- geschreckt.

Das hätte er aber nicht müssen, man kann auch als Nihilist ein anständiger Mensch bleiben, es kommt bloß drauf an, was man draus macht: Man hat ja jetzt Freiheit, und darum ging es ihm doch. Und dass einen das umso stärker in die Pflicht nimmt, hätte ihm gefallen müssen.

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Wenn ich also ohnehin an mich selbst und meine leere Freiheit verwiesen bin, wenn ich mir alles, was Wert hat, doch ganz alleine einbilden und vorstellen muss; wenn ich gar noch selber entscheiden soll, was es jeweils wert ist - wozu bräuchte ich die Transzendental- oder sonst eine Philosophie überhaupt?

Das Noumenon ist nach Kant ein "Grenzbegriff", der die Selbstherrlichkeit der Sinnlichkeit, die alles gelten lässt, was sie mit eignen Augen sieht, sonst aber nichts - der ihre Selbstherrlichkeit in die Schranken weist: Was ich soll, kann ich aus dem, was ist, nicht herauslesen. Das Noumenon ist ein bloß-Gedachtes, das auf ein Da- sein in der Welt gar keinen Anspruch macht, das lediglich gelten will - nämlich im Verkehr der anderen Gedach- ten untereinander. 

Auch den Anmaßungen meiner Einbildungskraft ziehen die Noumena nämlich Grenzen, besser gesagt: Nur Noumena können meine Einbildungskraft in den ihr zukommenden Grenzen halten, denn außerdem ist sie ganz frei. Was ich soll, kann ich nämlich auch durch bloßes Einbilden nicht wissen. Ich werde es entscheiden müssen, aber dazu brauche ich Maße, die ich wiederum nirgends finde als in mir. Das Transzendentale ist rein noumenal heißt: Die Transzendentalphilosophie ist das immanente Maß unserer Vorstellung. Das Maß hat selber kein Sein. Es ist immer nur dann und da, wenn und wo gemessen wird, denn das geschieht in der Wirklich- keit.

Ein Maß braucht sie freilich nur, wenn und sofern sie vernünftig sein will; das heißt: nicht immer und überall. Wenn ich nur für mich allein wäre, bräuchte ich keine Vernunft, da könnte ich tun, wonach mir eben ist.




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