Samstag, 16. Juli 2016

Ein Computermodell des Bewusstseins?



Rationalistisch nennt man Theorien, die auf der Vorstellung beruhen, die Wirklichkeit sei nach denselben Regeln gestaltet wie das vernünftige Denken. Wie anders wäre denn zu verstehen, dass das vernünftige Denken die Wirklichkeit begreifen kann? Rational nennen wir das Denken, das sich in eindeutigen Zeichen darstellen lässt, die durch feste Verfahrensregeln operativ miteinander verknüpft sind.

Ein solches Denken lässt sich digital darstellen. Sowohl die Begriffe als auch die Operationsregeln können durch digits repräsentiert werden. Trifft die rationalistische Prämisse zu, dann ist das Computermodell des Geistes richtig: denn unser wirkliches Denken ist Teil der Wirklichkeit, die sich nach der Voraussetzung digital erfassen lässt.



Doch für die Annahme, die Wirklichkeit sei nach vernünftigen Regeln gestaltet, gibt es keinen Grund. Manch einer möchte es gerne glauben - mehr nicht. Vermuten ließe sich allenfalls, unser vernünftiges Denken habe sich im Lauf der Evolution so gut es eben ging den Gesetzen der Wirklichkeit angepasst. Das setzte aber voraus, dass in unsern denkenden Köpfen tatsächlich die Wirklichkeit vorkäme. Aber wie könnte das sein, wie käme sie dort hinein?

Was in unsern Köpfen vorkommt, ist vielmehr das Bild, das wir uns aufgrund der Meldungen, die unsere Sinnesorgane an unser Gehirn senden, von der Wirklichkeit machen; selber machen. Wenn unsere Begriffe und Verfahrensregeln irgendetwas darstellen könnten, dann doch allenfalls die Bilder, die wir uns machen, und nicht die Art und Weise, wie wir sie machen! Und sogleich springt das Paradox ins Auge: Bilder in 'Begriffen' und 'Regeln'! Das ist wie Feuerwasser auf einem Grill.

Aber auch empirisch lässt sich beobachten, dass unser wirkliches Denken, nämlich Vorstellen durchaus nicht digital und algorithmisch vonstatten geht, sondern in wilden Kaskaden und Kapriolen. Und es geschieht nicht zuständlich, sondern in Spasmen. Das lässt sich feststellen bei ganz nüchternem Verstand, dafür braucht man keinen tiefenpsychologischen Schamanen und keinen begeisterten Sänger. Was die Logik und die Begriffe tun, ist ganz bescheiden dies: Sie bringen Ordnung in dieses Tohuwabohu, aber nicht, weiles selbst nach einer Ordnung ruft, sondern weil wir anders unsere Vorstellungen keinem andern mitteilenkönnten - und nicht einmal behalten.

Doch was die Ordnung an Deutlichkeit in die Bilderwelt bringt, das scheidet sie an Farben und Formen aus. Die Begriffe mag man schärfen, so viel man will: Den Reichtum der Vorstellungen werden sie niemals fassen. Und da sind Kunst und Dichtung eher am Platz, da hat Gelernter Recht.








Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.

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