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Du
gebrauchst Solipsismus als ein bloßes Schimpfwort immer da, wo das Denken
sich selbstkritisch nach seinen faktischen (!) Voraussetzungen fragt. Als sei
die Kritik an deinem (fälschlich so genannten) Naiven Realismus – "es gibt
nur Dinge" – schon die (umgekehrte) dogmatische Behauptung: "Es gibt
nur mich." Letzteres hat ja nicht einmal der dogmatische Idealismus von
Bischof Berkeley gelehrt – so dogmatisch er sonst war. Schon gar nicht der
kritische Idealismus der Transzendentalphilosophie; der nämlich deshalb
kritisch ist, weil er die Be-rechtigung ontologischer (und sonstwie
metaphysischer) Aussagen geradezu bestreitet.
Wieso ist euer Realismus in keiner Weise naiv, sondern säuerlich-schlau? Weil
das natürliche Weltbild der Kinder überhaupt nicht realistisch ist, sondern
magisch-animistisch. Naiv ist, nach Schiller, "eine Kindlichkeit da, wo
man sie nicht mehr vermutet". Das ist ja gar nicht euer Fall. Ihr seid,
obwohl erwachsen, kindisch-alt-klug, ihr wähnt euch über die Blödigkeit der
Kinder haushoch erhaben, weil ihr an die 'Dinge' wie an einen Fetisch glaubt.
Da ist mir der Animismus der Kinder immer noch lieber, denn deren Fetische sind
wenigstens belebt, sie gehorchen ihrer Einbildungskraft und nicht einem
"Naturgesetz".
Noch einmal ganz deutlich: Du "erkennst" überhaupt keine 'Dinge'
(wohl gar 'an-sich'?), sondern tatsächlich nur "Eigenschaften", die
du aber schon vorher 'kanntest', indem du ja nach ihnen gesucht hast. Ohne
dieses wäre nämlich das, was du eine "Eigenschaft" nennst, nichts als
ein gestaltloses Bündel von Sinnesdaten bar jeglicher Bedeutungen, durch welche
man sie auf-einander beziehen und also ein-und-derselben 'Sache' zuschreiben
kann, die du so apodiktisch ein 'Ding' nennst. Und die Bedeutungen, die du
den Sinnesdaten zuschreibst, um sie zu einander zu fügen, das sind deine Intentionen
(weshalb die mittelalterliche Scholastik den Begriff 'Bedeu-tung' mit lat. intentio
wiedergegeben hat).
aus e. online-Forum, 4. 9. 08
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