Menhir, Filitosa, Korsika
Eine Sache ‚bestimmen’ heißt: ihren Platz
in einem Wirkungszusammenhang ausfindig machen. Daß sie in einem Wirkungszusammenhang steht, ist a priori
vorausgesetzt. Dieses Apriori erscheint als ein logisches; ist aber ein
historisches. Cf. Habermas: die Leistungen des transzendentalen Subjekts sind
ein Erwerb der Gattungsgeschichte. Die ‚Idee’ eines Wirk-Zusammenhangs (Animismus) kommt auf, sobald die ‚Menschen’
(Hominiden) ihre ‚Welt’ selber machen: auf selbstgewählte Zwecke absehen und
ihnen gemäß handeln. Die Idee der Kausalität - alles ist Wirkung, also hat
alles eine Ursache - ist Teleologie a tergo [Nietzsche]. Zugrunde liegt die
(‚unvordenklich’ gewordene) Frage: wozu mag das Ding taugen? Zuerst: mir
taugen. Erweiterung: Wenn es zwar nicht mir taugt, dann wohl einem Andern... Was dieses Andere sei, ist das Problem
der Metaphysik. Der Wirkungszusammenhang, der nicht meiner ist, ist das
An-sich.
Im allgemeinen Wirkungszusammenhang (‚das Absolute’ in Fichtes Grundlagen...) wird das Eine durch das andere ‚bedeutet’: Nicht Es bedeutet ‚sich-selbst’, sondern das andere bedeutet Es. Nur darum kann ein ‚Wesen’ (das eigentliche Sein) von der ‚Erscheinung’ unterschieden werden. - Es ist Entwicklungsgeschichtlich aber nicht so, daß das ‚Wesen’ nachträglich zur Erscheinung hinzu tritt; sondern umgekehrt:
Der animistischen ‚Welt’-Anschauung erscheinen alle Dinge als mit eignem Willen begabt. Sie werden nicht von Anderem bedeutet, sondern bedeuten sich selber. Diese eigenwillige Selbstbedeutung kann man den Dingen und namentlich den Tieren ansehen; wohl nicht entziffern, aber doch erschauen: weniger erkennen als erraten. Ursprünglich besteht die Welt aus lauter Rätseln. Und zwar so, daß, was nicht zum Rätsel wird, in die ‚Welt’ gar nicht recht eintritt: als nichts-sagend. ‚Wissen’ ist ursprünglich Physio-Gnosis. Will sagen, ‚ursprünglich’ sind Anschauen und Begreifen nicht getrennt, sondern in der animistisch-magisch-mythischen Für-wahr-Nehmung eins. - Mit der Erweiterung des eigenen Wirkungskreises schiebt sich im angesammelten Gedächtnis vieler Generationen zwischen die Wahrnehmung der je einzelnen Wirkungsakte ‚belebter Dinge’ die Erfahrung von Wirkungs-Zusammenhängen - die im Gedächtnis nun als ein besonderes Bild (daimôn: 'der zuteilt', vgl. Prellwitz), neben den Abbildern der belebten Dinge, bewahrt werden können: Der Begriff tritt hinzu - und trägt, qua Abstraktion, in die Anschauung die Reflexion hinein. Jetzt erst scheiden sich Wesen und Erscheinung, indem das Werden (genesis=Wirkung) als Akzidens eines substanten Seins, alias Ur-Sache (ontos on = Zusammenhang der Wirkungen in einem Ursprung) gedacht werden kann. Die Anschauung wird "intellektual" - d. h. spekulativ; und scheidet sich von der gewöhnlichen, ‚sinnlichen’ Anschauung, die sie als roh verachtet. Seitdem zerfällt die Welt in Subjekt und Objekt.
im Juni 2002
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