Sonntag, 31. März 2019

Das Gedächtnis im Bewusstsein.


Dem naiven – nein: dem kindlichen Gemüt erscheint alles, was vorkommt, 'so, wie es ist'; d. h. als wenn es ist. Dabei unterscheidet es nicht zwischen 'außen' und 'innen': Alles 'kommt vor' mit gleicher Gewissheit.

Aber nur im ersten Moment. Denn sogleich zeigt sich ein Unterschied zwischen einem, das bleibt, und einem, das wechselt. Das Bemerken eines Unterschieds zwischen Bleibendem und Wechselndem ist der erste Akt der Reflexion: Denn es bedarf des Erinnerns an das, was bleibt, und an das Wechselnde. Das Gemüt achtet auf 'sich selbst'. Indes, auch diese Unterscheidung 'kommt' ihm 'vor'. Seine Erinnerung gehört zum Vorkommenden und ist nicht ich, sondern ein Es wie Alle Andern.

Sobald das Gemüt das Gedächtnis als sein eigenes wahrnimmt, hat es Sinn, von Bewusstsein zu reden. Ist es richtig, diese Einsicht in die Eigenheit des Erinnerns aus dem Verkehr mit den Andern her zu leiten? Das setzte voraus, dass die vorkommenden Andern als 'in gewisser Hinsicht mir gleich' erkannt und von dem toten Andern unter- schieden wurden. Eine Unterscheidung, die schlechterdings nicht anders als aus dem Verkehr her zu leiten ist! Eine Unterscheidung, die allerdings nicht Menschen und Dinge 'setzt', sondern Belebtes, d. h. Handelndes, und totes Vorkommnis. 

Wobei unklar ist, wo die Grenze verläuft: 'Handelt' das Wetter, handeln Sonne und Mond? Die Tiere handeln auf jeden Fall. Die erste Stufe des Bewusstseins kann nicht anders als animistisch sein. 'Das Animierte' wird sodann nur geordnet nach dem, was mir im Verkehr 'näher', und was mir 'ferner' steht. Die fremde Menschen- gruppe mag, je nach Grad der Feindseligkeit, mal als den Tieren und mal als 'uns selbst' näher wahrgenommen werden.

aus e. Notizbuch, um 2006


Nachtrag.  Der Grundgedanke, dass das Bewusstsein aus dem Gedächtnis stammt, ist von Fritz Mauthner; ich habe es nicht hinzugefügt, weil ich es wohl noch nicht wusste (obwohl ich es womöglich auf Umwegen doch von ihm hatte)

Das ist nicht Transzendentalphilosophie, sondern Denkpsychologie. Psychologie tout court ist, dass die Vorstel- lung, die sich die empirische Person von 'ihrem Ich' macht, aus dem besteht, woran sie sich erinnert - und daran, wie sie es heute wertet. Wie sie es wertet, beruht darauf, was sie meint gesollt zu haben. 

Auch da kämen Erinnerungen drin vor? Ja, aber die sind, und sei es nachträglich, immer schon gemessen an einer 'Idee', die ich mir selbst gemacht habe. Und wie viel empirisch Erinnertes wiederum auch darin eingegangen sein mögen - um es selber zu bewerten (was der Psychologe ja nicht tut), müsste ein Anderer auf seine Idee zurück- greifen; seine Idee von dem, was man soll.

Kurz und gut - der moralische Anteil am Bewusstsein stammt nicht aus dem, woran ich mich erinnere, sondern aus dem, woran ich mich erinnere. 

Das hast du getan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben, sagt mein Stolz. Und nach einer Weile gibt mein Ge- dächtnis nach.
Nietzsche



Samstag, 30. März 2019

Ist der Begriff Qualität oder Relation?



Ästhetische Eigenheiten sind qualitativ, nicht relationell. Darum lassen sie sich nur anschaulich wiedergeben, aber nicht begreifen.

Der bestimmte Gegensatz zur Qualität ist nicht die Quantität, sondern die Relation.* Relationen – das ja – lassen sich messen; Begriff ist Relation. Qualität nicht. Sie ist an sich. Man kann sie nachzubilden versuchen. Wenn es gelingt, nennt man es Kunst.


Juni 21, 2010  

*) Quantität ist selber eine Relation - und zwar die gewöhnlichste.  



Nachtrag. Der Begriff bezeichnet allerdings eine Relation -  sofern er nämlich mit andern Begriffen zu einem System von Wechselbestimmungen zusammengefasst ist. 'Ursprünglich' war er aber eine Vorstellung, die als Bild angeschaut wurde; singulär und qualitativ. Doch so konnte er weder im Gedächtnis archiviert noch einem beliebi- gen andern mitgeteilt werden. Erst in der prozessierenden Vergesellschaftung mit andern Bildern im ständigen Verkehr wurde er gefasst, festgestellt und eingegrenzt: 'Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.' Die Sprache ist wiederum das System von allem, was sag- und denkbar ist. Die sprachliche Fassung des Bildes zum Begriff ist der Übergang von der analogen Vorstellung zur digitalen Darstellung.

Freitag, 29. März 2019

Was Logik ist.

masstlc

Logik ist das Verzeichnis aller denkbaren Operationen. Sie ist das allgemeine Schema dessen, was in den le- bendigen Sprachen Grammatik ist.

Diese sind analog, jene ist digital.

Der Begriff ist digital; aber schon seine Deklinationen sind ein analoges Rudiment. Nicht alle Sprachen kennen das. Doch wären sie nicht verschieden, wäre für ein allgemeines Schema gar kein Platz.


Nicht digitalisierbar ist der bildhaft anschauliche Kern des Begriffs, das Gemeinte, seine qualitas. Den muss sich jeder selbst vorstellen. Er kommt daher in der logischen Darstellung nicht mehr vor. Der bleiben vom Begriff nur seine Relationen, und die kann man schematisieren.





Donnerstag, 28. März 2019

Wie die Logik entstanden ist.



Es ist nicht wahr, dass die Vernunft an den Wörtern hängt. Die Mitteilung der Vernunft hängt an den Wörtern: die Verständigung, der Verstand.

Auch die Bilder können mitgeteilt werden, im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit zumal. Aber es gibt keine Gewissheit, ob sie so 'ankommen', wie sie 'abgesandt' wurden: ob der Empfänger sie so 'versteht' wie der Absender. Das analogische Denken fordert die Einbildungskraft heraus, und auf die ist nur sehr unter- schiedlich Verlass: bei dem einen schafft sie viel, vielleicht zu viel, bei dem andern wenig... Und ob, das lässt sich vom Sender gar nicht kontrollieren.

In einem Lebensverbund ("Gesellschaft"), der auf Arbeitsteilung beruht, kann aber das Gelingen der Mitteilung nicht dem Zufall überlassen bleiben. Die ganzen Bilder müssen - durch Abstraktion/Reflexion - in viele einzel- ne Zeichen zerlegt und mit einer Gebrauchsanleitung zu ihrer Rekomposition ausgestattet werden: lauter Be- deutungsatome ("Informationen"), die nach allgemeinen, d. h. öffentlichen, nämlich zwingenden und kontrol- lierbaren Denkgesetzen zusammengesetzt sind: der Logik.

Die Begriffe und die Logik sind in der Tat pragmatische Produkte: Sie bewähren sich - täglich aufs Neue - als Medien der Verständigung.

Aber das, worüber Verständigung geschieht; das, was mitgeteilt wird, das sind 1.) Anschauungen und 2.) Vor- stellungen, die "zuerst" als Bilder "da sind". Mit den Zeichen und ihren Verbindungsregeln werden sie nur "beschrieben".*

Und selbstredend kann es gelingen - nämlich diesem oder jenem -, dass aus dem freien Gebrauch der Zeichen und Verbindungsregeln neue Bilder sichtbar werden. Aber sie schaffen die Bilder nicht, sondern sie führen, d. h. verführen... die Einbildungskraft.

Der Verstand kann den Blick frei machen - nämlich durch die im zu langen Gebrauch opak gewordenen Bilder hindurch; aber sehen muss jeder selbst.

Allerdings ist es wahr - und insofern haben die Lamentationen der Postman & Co. was für sich -, dass es kaum noch ein Bild gibt, das nicht schon tausendmal "da war" - und darum tausendmal bezeichnet wurde. Der verge- sellschaftete Einbildner kann gar nicht anders als die im Verkehr bewährten Zeichen "immer schon" in die Bilder mit hineinzusehen - was deren 'Gehalt' aber nicht vermehrt, sondern im Gegenteil schmälert: indem auf diese Bedeutung besonders abgesehen wird, wird von jener andern eben auch abgesehen.

Kritisches Denken ist nur in einem flachen Verständnis dasjenige, das sich auf die Prüfung beschränkt, ob die Zeichen auch wirklich alle nach den Regeln der Kunst (dem Denkgesetz) zusammengesetzt sind. Im ausge- zeichneten Sinn ist das kritische Denken dasjenige, das den Gebrauch der im Verkehr bewährten Zeichen immer wieder mit dem Anblick der Bilder vergleicht. Das ist kein diskursiver, sondern ein intuitiver Akt. Ob in den Bildern "mehr", das heißt was andres zu sehen ist, als die konventionellen Zeichen herausholen, ist ein ästhetisches Urteil, kein logisches.

1. 11. 94


Nota I. - Ich behaupte nicht die Konventionalität des Logischen. Wenn eine bestimmte Zahl von Parteien sich auf etwas verständigt, ist das Ergebnis eine Partikularität - und als solche zufällig. Hier ist aber die Rede von einem endlosen Prozeß stetiger Ausmittelung - und dessen Resultat ist allgemein und notwendig. Die logischen Formen wurden nicht ersonnen und nicht vereinbart, sondern haben sich notwendig ergeben. Dass sie sich im täglichen Gebrauch als zwingend bewähren, ist kein Mysterium: denn so sind sie entstanden.

Nota II. - für Kenner und Liebhaber: Es handelt sich um denselben Prozess der 'Realabstraktion' wie bei der Ausbildung des Tauschwerts im Zirkulationsprozess auf dem Markt.  


13. 10. 13 

*Nota III. - Durch die Begriff allein werden die Vorstellungen lediglich bezeichnet; 'beschrieben' werden sie erst durch die Regeln ihres Gebrauchs - nämlich die Anweisung, wie sie zusammenzufügen sind. So nämlich kann erst ihre Bedeutung mitgeteilt werden: durch ihren Zusammenhang, vulgo Wechselbestimmung.

Die digitale Darstellung einer anschaulichen Bedeutung ist schlechterding prekär, nämlich problematisch: Ob sie gelingt, muss sich erst durch die Folgen erweisen - nämlich die Handlungen, die sie beim Empfänger der Mittei- lung verursachen. Das gilt für die Sonderlogik der lebenden Sprachen, alias Grammatik, ebenso wie für die abstrakte, in bloßen Zeichen kodifizierte Logik; d. h. gilt für die formalisierte Logik nicht minder als für die umgangssprachlichen Grammatiken. Logik ist Grammatik ohne lebende Sprache.
JE

 

Mittwoch, 27. März 2019

Die Syllogismen des Aristoteles.

  die-besten-100
aus spektrum.de, 25. März 2019

Die Syllogismen des Aristoteles

Von Josef Honerkamp

Nach Aristoteles gibt es drei Arten von Schlussfolgerungen. Der logische Schluss, der dialektische Schluss sowie den Fehlschluss. Wir müssen wir uns mit dem logischen Schluss genauer beschäftigen.

Dieser Schluss, in dem aus zwei wahren Prämissen eine wahre Konklusion ableitet wird, ist natürlich der wichtigste Schluss, denn hiermit wird ein sicherer „Transport von Wahrheit” von Aussagen gewährleistet. Dass es so etwas überhaupt gibt, ist die gute Nachricht, und man kann sie gar nicht überschätzen. Die „schlechte Nachricht“ wäre dann, dass dabei auf keine Weise Wahrheit gewonnen wird. Sie wird nur weitergegeben, denn die Prämissen müssen ja schon wahr sein. Die Frage, wie und wo man denn nun in der Praxis mit wahren Aussagen beginnen kann, wird uns später noch sehr beschäftigen.

Bei dem logischen Schluss kann man wiederum mehrere Arten unterscheiden. Diese unterscheiden sich in der Art der Prämissen und der Konklusion, welche sich durch ein „Zusammenrechnen“ der Voraussetzun- gen ergibt. „Zusammenrechnen“ heißt im Griechischen „συν-λογισμός“; man spricht also auch von einem Syllogismus; die Lehre von den Syllogismen heißt Syllogistik. 

Schauen wir uns erst einmal ein Beispiel eines Syllogismus an:

Alle Menschen sind sterblich
Alle Griechen sind Menschen
Also: Alle Griechen sind sterblich

Es gibt also drei Aussagen, zwei Vordersätze, von denen man ausgeht, und eine Konklusion, in der also die Vordersätze „zusammengerechnet“ werden. 

Die Form der Sätze und ihre Darstellung

In diesem Beispiel sind alle Sätze von der Form „Alle A sind B“.  Der Satz „Alle A sind B“ kann aber auch so formuliert werden: „B kommt allen A zu.“  Diese Formulierung legt nahe, dass B ein Prädikat von allen A ist: B wird allen A zugesprochen (prädiziert). Sterblich zu sein, kommt jedem Menschen zu.

Die Formulierung ist auch diejenige, die dem griechischen Text am nächsten kommt, ist also die ursprüng- lichere Form. In der Scholastik wurde diese dann in „Alle A sind B“ umgeschrieben. Jedem A kommt das Prädikat B zu: Jeder Mensch ist also sterblich. 

Der obige Syllogismus lautet dann also in der ursprünglichen Form:

Sterblich zu sein, kommt jedem Menschen zu,
Mensch zu sein, kommt jedem Griechen zu,
Also: Sterblich zu sein, kommt jedem Griechen zu.

Darüber hinaus legt diese Formulierung auch eine Methode nahe, die erst viel später zur Veranschaulichung der Beziehung zwischen zwei Begriffen entdeckt worden ist. Man macht sich dabei zunutze, dass ein Begriff auch durch seinen Bedeutungsumfang beschrieben werden kann. Dann trifft jeder Begriff auf eine Menge von Entitäten zu: „Menschen“ können Griechen sein aber auch Ägypter, Thraker, Asiaten oder Europäer. Stellt man die Menge der Menschen durch einen Kreis oder irgendeine geschlossene Kurve dar, die Menge der Griechen ebenso, dann liegt der Kreis für die Griechen innerhalb des Kreises für die Menschen.


Abb. 1:  Die Menge der Griechen (A) ist eine Untermenge der Menschen (B). Ein Mensch zu sein (B), kommt allen/jedem Griechen (A) zu.

Man nennt solche Bilder Venn-Diagramme, nach dem Mathematiker John Venn (1834 bis 1923), der diese im Anschluss an Leonard Euler (1707 bis 1783) eingeführt hat. Eigentlich hat Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 bis 1716) sie schon verwendet. Diese Venn-Diagramme veranschaulichen also allgemein Beziehun- gen zweier Mengen, egal, von welcher Art die Elemente sind. Im Rahmen einer Mengenlehre würden wir auch schreiben: A B, d.h. A ist Untermenge von B.

Dies ist aber nicht die einzige Form eines Satzes für eine Beziehung zwischen zwei Begriffen. Aristoteles verschaffte sich eine Übersicht über alle möglichen Formen der Sätze bzw. Aussagen. Dabei ergab sich: (Zitat nach (Höffe, 2009, p. 47)):

  • Ein Satz ist nun eine Aussage, die etwas von etwas bejaht oder verneint;
  • Eine solche Rede ist entweder allgemein oder partikulär oder unbestimmt.
  • Allgemein nenne ich eine Aussage, die ein Jedem-Zukommen oder Keinem-Zukommen aussagt, 
  • partikulär eine Aussage, die ein Irgendeinem-Zukommen, Irgendeinem Nicht-Zukommen oder Nicht-jedem-Zukommen aussagt.

Neben den allgemeinen Sätzen wie „Alle Griechen sind Menschen“ bzw. „Mensch zu sein, kommt jedem Griechen zu“ gibt es also noch die Negation (Kein-Zukommen) und die partikuläre Aussage (irgendeinem-Zukommen, aber nicht jedem).

Insgesamt erhält man damit folgende Typen von Sätzen:

B kommt jedem A zu,  (Alle A sind B),
B kommt keinem A zu, (Kein A ist B),
B kommt einigen A kommt zu, (Einige A sind B),
B kommt einigen A nicht zu, (Einige A sind nicht B).

Anschaulich können wir die weiteren Aussagetypen wie folgt darstellen:

Abb. 2:  Links: B kommt keinem A zu; Mitte: B kommt einigen A zu; Rechts: B kommt einigen A nicht zu.
In der Scholastik sind diese Formen abkürzend als ( A a B), (A e B), (A i B ) und (A o B) notiert. Dabei sollen die Buchstaben „a“ und „i“ an „affirmo“ erinnern, „e“ und „o“ an „nego“. 

Die Struktur der Syllogismen 

Zwei solcher Aussageformen bilden dann die Voraussetzungen, eine solche die Konklusion. Jeder Schluss kann also durch drei Buchstaben aus der Menge {a,e,i,o} charakterisiert werden und durch die Stellung der drei Buchstaben, die für die Begriffe in dem jeweiligen Satz stehen.

Einer von diesen Begriffen, der so genannte Mittelbegriff, muss in beiden Voraussetzungen vorkommen, er kann in diesen jeweils an erster oder an zweiter Stelle stehen, oder aber in einer Voraussetzung an erster, in der anderen an zweiter. Das ergibt vier verschiedene Formen bzw. Figuren. Die erste Figur ist folgende (vgl. obiges Beispiel)

C – B
B – A
C – A.

Nun sucht Aristoteles in allen Formen jene Kombination von jeweils zwei Aussageformen aus, die als Voraussetzungen notwendig zu einer Konklusion führen. Er sortiert dabei die Schlüsse, für die er ein Gegenbeispiel findet, einfach aus.

Die gültigen Schlüsse lassen sich dann jeweils durch die Form und eine bestimmte Kombinationen der Buchstaben a,e,i,o darstellen. Und um sich solche Kombinationen besser merken zu können, hat man sie in entsprechende Merkwörter eingebunden, z.B. merkt man sich z.B. die Kombination a a a mit dem Wort „Barbara“, und weiß noch dazu, dass hier die 1. Figur vorliegt. Dieser Schluss entspricht als genau dem obigen Beispiel.

Abb. 3: Der Syllogismus Barbara, die Umrandung des Mittelbegriffs ist gestrichelt dargestellt.
Ein anderer wichtiger Schluss, auch von der 1.Form, wird auf diese Weise „Celarent“ genannt.
Abb.4: Der Syllogismus Celarent, die Umrandung des Mittelbegriffs ist gestrichelt dargestellt.
Aristoteles demonstrierte auf diese Weise, dass man systematisch ein System von Schlüssen formulieren konnte, bei denen aus der Wahrheit der Voraussetzungen notwendig die Wahrheit der Konklusion folgt.

Mit der Systematik eines Aristoteles hat man nun eine vollständige Übersicht über alle möglichen Schlussfolgerungen. Vorher hatte in der Syllogistik „die ganze Kunst darin bestanden, dass man mit großem Aufwand von Zeit und Mühe planlos herumsuchte“. So soll Aristoteles in seinen Sophistischen Widerlegungen geklagt haben (nach Schupp, I 275).

Wir haben mit dieser Aristotelischen Logik auch schon ein System vorliegen, das an die später noch einzuführende formale Prädikatenlogik erinnert. Man kann wie dort über die Prädikate „quantifizieren“, d.h. man kann mit Mengenangaben wie „alle“, „keine“ und „einige“ für die Prädikate operieren.

Am wichtigsten ist aber, dass Aristoteles hier die gültigen Schlussregeln „per Hand“ aus der Menge aller möglichen Kombinationen aussuchen muss, und zwar einfach, indem er solche, die er mit Hilfe eines Beispiels als ungültig erkennt, verwirft. Dieses „Erkennen“ ist ein intuitives, eines mit „gesundem Menschenverstand“. Man zweifelt nicht an der Richtigkeit der Schlussregel, aber für eine strenge Wissenschaft im heutigen Sinne reicht diese Art von Erkenntnis nicht aus.

Selbst wenn man heute Beziehungen der Begriffe mit Hilfe der Mengenlehre beschreibt und damit die Schlussregeln im Rahmen der Mengenlehre begründet, ist die Erkenntnis eine mathematische. Damit wären die Schlussregeln nur indirekt logisch gerechtfertigt, denn die Mathematik nutzt auch nur, wie wir heute wissen, die Schlussregeln, die letztlich in der modernen Prädikatenlogik gewonnen werden. Erst in dieser nämlich lassen sich die Schlussregeln streng begründen, indem man sie aus Tautologien ableitet. Wir wer- den das in einem späteren Blogbeitrag sehen. In der Prädikatenlogik also ist erst der Boden erreicht, auf dem man unanfechtbar aus wahren Sätzen wieder einen wahren Satz gewinnen kann. Diese Unanfechtbar- keit beruht nicht darauf, dass einem die Schlüsse jeweils „unmittelbar einleuchten“, sondern auf einer einzigen, viel grundlegenderen Annahme in der Prädikatenlogik, die uns noch viel „unmittelbarer“ ein- leuchtet.

Wir müssen noch die Bemerkung des Aristoteles zum dialektischen Schluss, also zu dem Schluss kom- mentieren, bei dem die Voraussetzungen nur wahrscheinlich wahr bzw. nur glaubwürdig sind. Dann könne die Konklusion auch nur wahrscheinlich wahr sein. Hier mehr zu sagen, war damals nicht möglich. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts ist ja erst eine Wahrscheinlichkeitstheorie entstanden, mit der man in diesen Fall präziser werden kann. In einem späteren Blogbeitrag mit dem Thema „Über den Umgang mit unsi- cherem Wissen“ wird das genauer ausgeführt. 

Die Syllogismen in einem axiomatisch-deduktiven System

Aristoteles hat uns mit seiner Logik aber nicht nur gezeigt, wie man sicheres Wissen sicher weitergeben kann. Er hat auch gezeigt, dass „man alle Schlüsse auf allgemeine Schlüsse der ersten Figur zurückführenkann, wie er in der Lehre vom Schluss, 1. Buch, 7. Kapitel schreibt. (Anon., kein Datum)

Damit haben wir also schon konkret ein axiomatisch-deduktives System vorliegen. Diese Struktur der Aussagen eines Wissensgebietes stellte für ihn das Ideal einer Wissenschaft dar. In der 2. Analytik, der Lehre vom Erkennen, 1. Buch, 3. Kapitel schreibt er:

  • Ich behaupte dagegen, dass jede Wissenschaft zwar auf Beweisen beruhen muss, aber dass das Wissen der unvermittelten Grundsätze nicht beweisbar ist. Und dass dies notwendig so sein muss, ist klar. Denn da ein Wissen von den früheren Sätzen, aus welchen der Beweis geführt wird, notwendig ist, man aber einmal bei unvermittelten Sätzen anhält, so müssen diese notwendig unbeweisbar sein.
     
  • Dieses ist meine Ansicht und ich behaupte, dass es nicht bloß Wissenschaften gibt, sondern auch oberste Grundsätze derselben, durch welche wir die Begriffe des Schlusses kennen lernen. (Anon., kein Datum).

Der Mathematiker Euklid von Alexandria wird in der Zeit um -300 die geometrischen Kenntnisse seiner Zeit in dieser Weise logisch ordnen. Die Organisation einer wissenschaftlichen Theorie als ein axiomatisch-deduktives System stellt bis heute ein Vorbild für jede Wissenschaft dar. Man versuchte in allen Jahrhun- derten, diese Organisation eines Denkgebäudes nachzuahmen, also die Kenntnisse der Wissenschaften „more geometrico“, d.h. nach Art der Euklidischen Geometrie, zu ordnen. In Die Idee der Wissenschaft – Ihr Schicksal in Physik, Rechtswissenschaft und Theologie habe ich beschrieben, wie erfolgreich man bis heute war, diese Idee zu realisieren (Honerkamp, 2017).

Wer diese Idee als Erster gehabt hat, ist unklar. Der mathematische Beweis war ja schon den Pythagoreern bekannt. Wenn nun genügend durch Beweise gesicherte Aussagen in einem Gebiet vorhanden sind, wird man vermutlich sich auch irgendwann überlegen, welche Aussagen man als Axiome betrachten könnte. Damit stellt man sich der Frage: Welche Aussagen brauche ich als Vorgabe, um daraus alle anderen ableiten zu können? Also: Wie stelle ich eine logische Ordnung her? Solche Vorgaben werden dann immer besondere Aussagen sein, besondere Eigenschaften haben.

Diese Aussagen können unmittelbar einsichtig sein, also „durch sich selbst gewiss“, wie die Syllogismen der 1. Form oder wie allgemein in Theorien der Mathematik, aber auch höchst abstrakt und fern unserer Anschauung wie in Theorien der Physik. Auf jeden Fall hat man eine „logische Ordnung“ hergestellt, d.h. die Wahrheit einer großen Menge von Aussagen in unanfechtbarer Weise auf die Wahrheit einiger weniger Aussagen zurückgeführt. Genau das macht eine „strenge Wissenschaft“ aus. 


Nota. - Die schließende Logik schafft oder entdeckt keine Wahrheiten, sondern leitet die Wahrheit eines Satzes auf einen andern Satz über. Was Wahrheit ist, muss schon aus einer andern Quelle bekannt sein. In diesem Sinne ist alle schließende Logik Tauto logie.
JE

Dienstag, 26. März 2019

Die Vermittlung zwischen dem Transzendentalen und dem Realen ist das Ästhetische.

André Kertész, 1929
 
Die soeben beschriebene... Philosophie steht auf dem transzendentalen Standpunkt und sieht von diesem auf den gemeinen Gesichtspunkt herab; das ist das Wesen der transzendentalen Philosophie, dass sie nicht will Denkart im Leben werden, sondern zusieht einem Ich, welches im Leben ein Denksystem zustandebringt, sie schafft selbst nichts. Dieses Ich steht auf dem gemeinen Standpunkt. ...

Der Mensch kann sich auf den transzendentalen Standpunkt erheben nicht als Mensch, sondern als spekulativer Wissenschaftler. Es entsteht für die Philosophie selbst ein Anstoß, in ihr ihre eigene Möglichkeit zu erklären. Was gibts für einen Übergang zwischen beiden Gesichtspunkten; - Frage über die Möglichkeit der Philosophie. Beide Gesichtspunkte sind sich ja gerade entgegengesetztes. Gibts nicht ein Mittleres, so ist nach unsern eignen Grund- sätzen kein Mittel, zu ihm über/zugehen. 

Es ist faktisch bewiesen, dass es so ein Mittleres gibt zwischen der transzendentalen und der gemeinen Ansicht: dieser Mittelpunkt ist die Ästhetik. Auf dem gemeinen Gesichts- punkt erscheint die Welt als gegeben, auf dem transzendentalen [als] gemacht (alles in mir), auf dem ästhetischen erscheint sie als gegeben so als ob wir sie ge- macht hätten und wie wir selbst sie machen würden. [vide Sittenlehre, von den Pflichten des ästhetischen Künstlers] 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 243f.
 
 
Nota I. - Weder das Reale noch das Transzendentale gibt es an sich, und ebensowenig das Ästhetische. Es sind alles nur Anschauungsweisen und Gesichtspunkte, die man einnehmen kann in Freiheit (freilich: einen von ihrn muss man einnehmen, wenn immer man wahrnehmen will.) 



Also nicht das Ästhetische ist ein Mittelding; sondern lediglich ein Übergang, wenn ich von dem einen Gesichts- punkt zum andern wechseln will. Vom transzendentalen zum realen: Natürlich - wenn ich aus dem Zustand der Reflexion auf meine Tätigkeit in den Zustand der Tätigkeit unter den Dingen selbst zurückkehren will, stoße ich als erstes auf deren äußeren Schein. Umgekehrt ist es nicht ganz so natürlich. Wenn ich mich aus meiner Tätig- keit unter den Dingen zu meiner bloßen Vorstellung meiner Vorstellung zurückziehen will, muss sich allererst von der Gegenständlich-, nämlich Wider ständigkeit der Dinge gegen meine Zwecke abstrahieren, indem ich meine Zwecke selbst außer Acht lasse - und von den Dingen ihren bloße Schein zurückbehalte.

Und drittens kann ich beides tun und dabei auf den Abschluss des Übergangs verzichten; im Übergang schwe- bend verharren. Das wäre Schillers ästhetischer Zustand oder, nach Fichte, der Standpunkt des ästhetischen  Künstlers.



Nota II. - Keiner vor ihm hat den Unterschied, gar Gegensatz von Philosophieren und realem Wissen so grund- sätzlich formuliert wie Fichte. Damit wird nicht erst der jeweilige philosophische Satz (Philosophem, sagt F.) zum Problem, sondern das Philosophieren selbst. Man gleitet nicht unversehens vom einen ins andere hinüber, son- dern muss beim Aufstieg einen Sprung tun; der Abstieg mag unbemerkt geschehen.

Aber das Springen hilft nichts, wenn ein Weg nicht da ist. Der Aufstieg muss möglich sein. Und das ist er nur, wenn das Ich auf einem seiner unwillkürlichen Wege in eine Stellung geriet, in der es genügend Abstand zu sich fand, um sich wie einen andern zu betrachten; wo das Ich sich selbst vergisst, um sich als ein Fremder wiederbegeg- nen zu können. Und das ist Schillers ästhetischer Zustand, wo der Mensch "gleich Null" ist.

Nur so wird philosophieren überhaupt möglich.
JE



 

Montag, 25. März 2019

Erklären heißt anknüpfen: das diskursive Denken.


Ich erkläre etwas (A), wenn ich es an etwas andres (B) anknüpfe und so fort; ich fasse nicht alles auf einmal auf, weil ich endlich bin. Es ist dasselbe, was man diskursives Denken nennt. Die Endlichkeit vernünftiger Wesen besteht darin, dass sie erklären müssen. 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982,  S. 75



Nota I. Dieser Satz steht im Ms. unmittelbar vor dem gestrigen Eintrag, er führt auf den Gedanken, dass die Vorstellung vom reinen Ich nicht praktisch, aber theoretisch notwendig ist, weil anders die Dinge und die Welt nicht zu erklären sind. Sobald das praktische Ich dagegen handelt, findet es Welt und Dinge vor und muss sie sich nicht erst erklären. – Das theoretische Ich steht zum praktischen Ich in demselben Verhältnis wie die ideale zur realen Tätigkeit: Sie sind jedesmal Gegenstand der Reflexion und sind nur für die Reflexion.

20. 10. 17


Nota II. - Weil der wirkliche handelnde Mensch erklärend eines an das andere anknüpfen muss, kann er einen absoluten Anfang sich nicht vorstellen. Wenn er, wie der Zuschauer erkennt, in einem Akt sich-selbst-setzt, muss er denken, er sei vor dem Akt 'da' gewesen - wie anders hätte er agieren können? 

Darum kann intellektuelle Anschauung nur eine Anschauung zweiten Grades sein: eine Konstruktion der reflektie- renden Einbildungskraft, die wir 'Anschauung' eigentlich nur darum nennen, weil sie zum Begriff bestimmt nunmal nicht werden kann. Sie schwebt.
JE


Sonntag, 24. März 2019

Transzendentales und ideales Ich.

Lupo  / pixelio.de

...einer sonderbaren Verwechselung. Es ist die des Ich als intellektueller Anschauung, von welchem die WL aus- geht, und des Ich als Idee, mit welchem sie schließt. Im Ich, als intellektueller Anschauung, liegt lediglich die Form der Ichheit, das in sich zurückgehende Handeln, welches freilich auch selbst zum Gehalte desselben wird... 

Das Ich ist in dieser Gestalt nur für den Philosophen, und dadurch, daß man es faßt, erhebt man sich zur Philo- sophie. Das Ich als Idee ist für das Ich selbst, welches der Philosoph betrachtet, vorhanden; und er stellt es nicht auf als seine eigene, sondern als Idee des natürlichen, jedoch vollkommen ausgebildeten Menschen... 
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J. G. Fichte, Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre, SW I, S. 517 



Nota. - Zweck der Wissenschaftslehre ist, die Genesis der Vernunft nachzuzeichnen. In ihrem ersten, analyti- schen Gang hat sie als deren Ur-Sache ein sich-selbst setzendes Ich bloßgelegt. Sie beobachtet nun, wie das Ich auf dem Weg zum entwickelten System der Vernunft vorangeschritten ist, vorangeschritten sein muss. 

Das sind zweierlei Geschichten. Denn das zur-Vernunft-kommen des Ich geschieht nur, insofern es ihm selber als ein solches erscheint: in seinem Bewusst sein. Das ist die eine Geschichte. Eine andere ist, was der Philosoph da- bei beobachtet. Er handelt nicht, sondern sieht dem Ich beim Handeln zu - nicht ihm, wie es selbst sich wahr- nimmt, sondern er es. Das eine wäre die reale, das andere die ideale Darstellung.*

Das Ich setzt sich real, indem es aus dem Widerstand, auf den seine Tätigkeit fühlend stößt, reflektierend auf die Gegebenheit eines Nicht-Ich schließt, dem es sich als Verursacher der Handlung voraus gesetzt erscheinen muss. Und das heißt: seiner Selbst werdung vorausgesetzt. Und wie es sich der Handlung voraussetzt, so dem Gegenstand. Das wirkliche handelnde Ich denkt realistisch.

Anders der zuschauende Philosoph. Der weiß, dass das Ich im Akt des Setzens - seiner und des NichtIchs - allererst geworden ist; dass es Ich erst wurde, als es sich wahrnahm.

Das reale Ich geht seinen Weg weiter, konstruiert eine Welt, in der Vernunft herrscht - und wenn nicht jetzt, so eines Tages herrschen soll. Im Weltbürger erkennt es sein Ideal.

Der Philosoph hat gesehen, dass dem Ich nichts und niemand vorausgesetzt war, auch nicht es selbst, und dass es aus Freiheit neu angefangen hat. Das einzige, das er "ihm" voraussetzen kann und muss, ist, dass eine Fähig- keit dazu 'da' war: die Fähigkeit, "absolut anzufangen"; ein Bestimmenwollen. 

Das ist nun nicht sachlich erwiesen, sondern spekulativ postuliert. Doch drängt es sich anschaulich auf. Denn die treibende Energie des Vernünftigwerdens ist ganz augenscheinlich der Trieb, vom Unbestimmten überzu- gehen zur Bestimmung. 

Damit kommt es aber, sofern die Welt als ein Unendliches aufgefasst wird, zu keinem Schluss. Es stößt an Schranken, die es zu überwinden hat, aber fertig wird es nie. Es hat kein Seiendes zum Ziel wie das reale Ich, sondern nur das ideale Absolute.

*) Das ist eine irritierende Benennung. Real bezieht sich bei F. jedoch nicht auf eine reale Welt (von der wir nichts erfahren können), sondern auf die tatsächliche Vorstellungstätigkeit, die sich selber fortbestimmt. Ideal heißen dagegen die Bestimmungen des philosophierenden Zuschauers.
JE

Samstag, 23. März 2019

Transzendentalphilosophie kurzgefasst.

Luke Hillestad, Echo

Was in der Intelligenz ist, ist Bild und nichts anderes. - Wir sehen alles in uns, wir sehen nur uns, nur als handelnd, nur als übergehend vom Bestimmbaren zum Bestimmten.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 54
 

Nota. - Mein Elementardatum ist, was ich fühle. Es besteht aus physischen Reizen, das ist alles. Ich muss sie mir zu eigen machen, damit sie meine werden: Ich muss sie anschauen. Ich muss sie bestimmen. Ein Bild von ihnen machen. Das Bild habe ich gemacht; mein Gefühl nicht.

Ich fühle, wenn ich Hunger habe. Ich fühle es, so wie das Tier, ohne mein Zutun. So wie das Tier fühle ich, dass ich essen muss. Dafür brauche ich kein Bild meines Hungers - auch nicht das Bild meiner als eines Hun- gernden -, sondern das Bild von etwas Nahrhaftem, nach dem ich suchen kann. Ohne Bild wird mir kein Gegen- stand. Ohne Gegenstände wird mir keine Welt. Ohne Welt werde ich nicht Ich

Das Bild wird mir zu einem Begriff, die Begriffe kann ich teilen und mitteilen. Anders wird mir keine Vernunft. Ohne Vernunft wüsste ich nicht, was ich in der Welt soll.
JE


 

Freitag, 22. März 2019

Wie ist Erfahrung möglich?

Lothar Sauer

Dass ich mir überhaupt etwas bewusst werden kann, davon liegt der Grund in mir, nicht in den Dingen. Ich bin mir Etwas bewusst; das einzige Unmittelbare, dessen ich mir bewusst bin, bin ich selbst; alles andre macht die Bedingungen meines Selbstbewusstseins aus. Vermittelst des Selbstbewusstseins mache ich mir die Welt bewusst.
 
Ich bin mir Objekt des Bewusstseins nur im Handeln. Wie ist die Erfahrung möglich? heißt: Wie kann ich mir meines Handelns bewusst werden? Auf die Beantwortung dieser Frage geht alles aus, und wenn sie beantwortet ist, so ist unser System geschlossen.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 101



Nota. - All unser sachliches Wissen stammt aus der Erfahrung. Woher stammt unsere Erfahrung? Aus dem Han- deln, nur durch handeln werden mir Dinge und werden sie Dinge für mich. Das Erste, das mir im Handeln 'für mich' wird, bin ich selbst, ich bin der Grund meines Handelns. Die notwendige, aber nicht seine hinreichende Bedingung. Allerdings die schlechterdings gegebene. Die Gegenstände, an denen mein vorauszusetzendes Wollen zu Handeln überhaupt erst werden kann, muss ich mir nehmen, das heißt suchen und finden - im Mannigfaltigen, das sich mir im Gefühl kundtut. 

Es ist das Gefühl, an dem ich tätig werde. Ihm kann ich nicht anders als mit Absicht begegnen. Diese absichtsvolle Begegnung heißt Anschauung. In der Anschauung bestimme ich ein Ding als dieses - indem ich es allen andern Din- gen entgegen setze. So entsteht mir eine Welt, so mache ich Erfahrungen.
JE


Dienstag, 19. März 2019

Logik: Aristoteles und Stoa.



aus spektrum.de, 17. März 2019

Anfänge der Logik: Aristoteles und die Stoa

Von Josef Honerkamp