Nun ist auf solche Weis eine Welt vernünftiger Wesen (mundus intelligibilis) als ein Reich der Zwecke möglich, und zwar durch die eigene Gesetzgebung aller Personen als Glieder. Demnach muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre. Das formale Prinzip dieser Maximen ist: handle so, als ob deine Maxime zugleich zum allgemeinen Gesetze (aller vernünftigen Wesen) dienen sollte.
Ein
Reich der Zwecke ist also nur möglich nach der Analogie mit einem
Reiche der Natur, jenes aber nur nach Maximen, d.i. sich selbst
auferlegten Regeln, diese nur nach Gesetzen äußerlich genötigter
wirkenden Ursachen. Demunerachtet gibt man doch auch dem Naturganzen, ob
es schon als Maschine angesehen wird, dennoch, so fern es auf
vernünftige Wesen, als seine Zwecke, Beziehung hat, aus diesem Grunde
den Namen eines Reichs der Natur. Ein solches Reich der Zwecke würde nun
durch Maximen, deren Regel der kategorische Imperativ aller
vernünftigen Wesen vorschreibt, wirklich zu Stande kommen, wenn sie
allge-mein befolgt würden.
Allein, obgleich das vernünftige Wesen darauf nicht rechnen kann, daß, wenn es auch gleich diese Maxime selbst pünktlich befolgte, darum jedes andere eben derselben treu sein würde, imgleichen, daß das Reich der Natur und die zweckmäßige Anordnung desselben, mit ihm, als einem schicklichen Gliede, zu einem durch ihn selbst mögli- chen Reiche der Zwecke zusammenstimmen, d.i. seine Erwartung der Glückseligkeit begünstigen werde: so bleibt doch jenes Gesetz: handle nach Maximen eines allgemein gesetzgebenden Gliedes zu einem bloß möglichen Rei- che der Zwecke, in seiner vollen Kraft, weil es kategorisch gebietend ist.
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Kant, Grundlegung einer Metaphysik der Sitten, WW ed. Weischedel, Bd. VII, S. 72f.
Nota I. - Für Kant ist der Kategorische Imperativ offenbar der Zweck der Zwecke. Und zwar gedacht als real. Ideale Zwecke, die um ihrer selbst willen 'gefallen', wären nach seiner Auffassung ästhetisch; aber das Ästhe- tische will er von der Vernunft fern-, das heißt: aus der praktischen Vernunft heraus halten; wenn auch in un- mittelbarer Nachbarschaft. - Ideale Zwecke 'gibt es' nur als ästhetische Idee, nämlich unendlich bestimmbar und ergo ewig unbestimmt.
Vernünftig ist nach Fichte ein Denken (Handeln), das vom Unbestimmten zum Bestimmten fortschreitet, wobei bestimmen heißt: einer Sache einen Zweck zuschreiben. Vernünftig wird ein Individuum nur durch die Aufforde- rung seitens einer ihm vorausgesetzten 'Reihe vernünftiger Wesen'. Fluchtpunkt seiner Vernünftigkeit wäre der ideale 'Zweck an sich': ein Aestheticum.
Das Fortschreiten vom Bestimmbaren zum Bestimmten ist nicht das Verfahren Kants (Kant fügt Begriffe anein- ander). Zweck, Vernunft und eine 'Welt vernünftiger Wesen' gehören wohl auch bei ihm zusammen; doch wel- cher Zweck vernünftig sei, ist bei ihm schon immer bestimmt. So kommt es, dass der Mensch am Guten inter- essiert sei, denn es ist ihm vor gegeben: Er kann es als ein Objekt begehren. Bei F. ist der nicht (erst) am Objekt, sondern als ein schlechthin Wollender vorgängig am Bestimmen selbst 'interessiert'; daher kann er auch ideale Zwecke haben.
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Nota II. - Indem
sie dazu übergingen, ihre Zwecke mit den Zwecken der Andern, denen sie
in der Welt begegnen, zu vergleichen und abzustimmen, fand sich eine Reihe von Wesen zusammen, die ipso facto vernünftig waren. Die- ser Vorgang wird im Bericht der Wissenschaftslehre stillschweigend als historisch vorausgesetzt (und es war in der Wirklichkeit die Ausbildung einer bürgerlichen Gesellschaft). Die Wissenschaftslehre stellt eine Situation dar, in der 'das Ich' eine Reihe vernünftiger Wesen immer schon vorfindet. Sie erzählt nicht von der wirklichen Entwick- lungsgeschichte der Vernunft, sondern liefert ein Modell der vorfindlichen intelligiblen Welt. (Das findet sich auch andernorts: Die Entstehungsbedingungen eines Systems sind etwas anderes als die Bedingungen seiner Repro- duktion.)Allein, obgleich das vernünftige Wesen darauf nicht rechnen kann, daß, wenn es auch gleich diese Maxime selbst pünktlich befolgte, darum jedes andere eben derselben treu sein würde, imgleichen, daß das Reich der Natur und die zweckmäßige Anordnung desselben, mit ihm, als einem schicklichen Gliede, zu einem durch ihn selbst mögli- chen Reiche der Zwecke zusammenstimmen, d.i. seine Erwartung der Glückseligkeit begünstigen werde: so bleibt doch jenes Gesetz: handle nach Maximen eines allgemein gesetzgebenden Gliedes zu einem bloß möglichen Rei- che der Zwecke, in seiner vollen Kraft, weil es kategorisch gebietend ist.
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Kant, Grundlegung einer Metaphysik der Sitten, WW ed. Weischedel, Bd. VII, S. 72f.
Nota I. - Für Kant ist der Kategorische Imperativ offenbar der Zweck der Zwecke. Und zwar gedacht als real. Ideale Zwecke, die um ihrer selbst willen 'gefallen', wären nach seiner Auffassung ästhetisch; aber das Ästhe- tische will er von der Vernunft fern-, das heißt: aus der praktischen Vernunft heraus halten; wenn auch in un- mittelbarer Nachbarschaft. - Ideale Zwecke 'gibt es' nur als ästhetische Idee, nämlich unendlich bestimmbar und ergo ewig unbestimmt.
Vernünftig ist nach Fichte ein Denken (Handeln), das vom Unbestimmten zum Bestimmten fortschreitet, wobei bestimmen heißt: einer Sache einen Zweck zuschreiben. Vernünftig wird ein Individuum nur durch die Aufforde- rung seitens einer ihm vorausgesetzten 'Reihe vernünftiger Wesen'. Fluchtpunkt seiner Vernünftigkeit wäre der ideale 'Zweck an sich': ein Aestheticum.
Das Fortschreiten vom Bestimmbaren zum Bestimmten ist nicht das Verfahren Kants (Kant fügt Begriffe anein- ander). Zweck, Vernunft und eine 'Welt vernünftiger Wesen' gehören wohl auch bei ihm zusammen; doch wel- cher Zweck vernünftig sei, ist bei ihm schon immer bestimmt. So kommt es, dass der Mensch am Guten inter- essiert sei, denn es ist ihm vor gegeben: Er kann es als ein Objekt begehren. Bei F. ist der nicht (erst) am Objekt, sondern als ein schlechthin Wollender vorgängig am Bestimmen selbst 'interessiert'; daher kann er auch ideale Zwecke haben.
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Nota III. - 'Ja gibt es denn überhaupt einen Mundus intelligibilis?' - Natürlich nur in der Vorstellung. Doch in der Vorstellung Aller, die am vernünftigen Verkehr teilhaben. Vernünftig sind sie, weil sie am Verkehr teilhaben, und vernünftig ist er, weil sie an ihm teilhaben. So dass zu präzisieren ist: 'Es gibt' ihn nur in der Vorstellung, sofern diese im allgemeinen Verkehr regulierend wirkt.
Anders gibt es sie nicht.
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.
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