Montag, 25. März 2019

Erklären heißt anknüpfen: das diskursive Denken.


Ich erkläre etwas (A), wenn ich es an etwas andres (B) anknüpfe und so fort; ich fasse nicht alles auf einmal auf, weil ich endlich bin. Es ist dasselbe, was man diskursives Denken nennt. Die Endlichkeit vernünftiger Wesen besteht darin, dass sie erklären müssen. 
____________________________________________________
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982,  S. 75



Nota I. Dieser Satz steht im Ms. unmittelbar vor dem gestrigen Eintrag, er führt auf den Gedanken, dass die Vorstellung vom reinen Ich nicht praktisch, aber theoretisch notwendig ist, weil anders die Dinge und die Welt nicht zu erklären sind. Sobald das praktische Ich dagegen handelt, findet es Welt und Dinge vor und muss sie sich nicht erst erklären. – Das theoretische Ich steht zum praktischen Ich in demselben Verhältnis wie die ideale zur realen Tätigkeit: Sie sind jedesmal Gegenstand der Reflexion und sind nur für die Reflexion.

20. 10. 17


Nota II. - Weil der wirkliche handelnde Mensch erklärend eines an das andere anknüpfen muss, kann er einen absoluten Anfang sich nicht vorstellen. Wenn er, wie der Zuschauer erkennt, in einem Akt sich-selbst-setzt, muss er denken, er sei vor dem Akt 'da' gewesen - wie anders hätte er agieren können? 

Darum kann intellektuelle Anschauung nur eine Anschauung zweiten Grades sein: eine Konstruktion der reflektie- renden Einbildungskraft, die wir 'Anschauung' eigentlich nur darum nennen, weil sie zum Begriff bestimmt nunmal nicht werden kann. Sie schwebt.
JE


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen