Das ist das Verfahren der Wissenschaftslehre: Statt freihändig Begriffe zu definieren und daraus ein System zu bauen, sucht sie in den wirklichen Vorstellungen der 'endlichen' Vernunftwesen die ihnen zu Grunde liegenden anschaulichen Voraussetzungen auf, und erst, wenn sie an den Punkt gerät, hinter den es nicht hinausgeht, kehrt sie ihren Gang um und setzt, was sie zuvor analytisch auseinandergelegt hatte, synthetisch wieder zusam- men; daran, ob auf diesem Weg die wirkliche Vorstellungswelt der 'endlichen Vernunftwesen' hinreichend re- konstruiert werden kann, entscheidet sich ihre Richtigkeit.
20. 6. 17
Der erste, kritisch-analytische Gang der Wissenschaftslehre endet erst dort, wo es sachlich nicht weitergeht: Es ist die Stelle, wo das Ich sich setzte, indem es sich ein/em Nichtich entgegesetzte. Auf Grund gestoßen war sie damit freilich noch nicht; erst auf die obere Fläche eines doppelten Bodens. Denn wenn etwas 'sich setzt', dann muss es wohl da gewesen sein, bevor es das tat. Doch 'da' lässt sich nichts auffinden.
Ich sage, da war ein Vermögen, aber das ist bloß ein Wort. Es ist der dogmatische Reflex eines, der sich immer ein Seiendes vorstellen muss, um sich überhaupt etwas vorstellen zu können. Der dialektische Haken ist: Ein Sein muss aber vorgestellt werden, um 'sein' zu können. Nicht so das Handeln. Es mag 'da' oder auch 'so' sein, ohne dass es sich einer vorstellt. Wenn er es sich aber vorstellt, muss er es sich so vorstellen, als ob ihm ein Sein - ein Han- delnder - vorausgegangen sei. Das Handeln selbst in seiner Verlaufsform konnte er immer nur anschauen. Doch das ist selber eine Handlung. Und so weiter, runter ins Unendliche.
Man muss sich einen Ruck geben und den unendlichen Regress stoppen. Man muss sich entschließen, das anschau- liche Handeln selbst als das Ursprüngliche aufzufassen, von dem alles Wahrnehmen seinen Ausgang nimmt. Das ist der Grund, auf dem die Transzendentalphilosophie bauen muss, weil sie anderswo nicht bauen kann. Wenn sie von da aus das ganze wirklich gewordene System der Vernunft rekonstruiert, wird es im Ergebnis doch nicht mehr dasselbe sein. Ein Weltbild, das auf dem Handeln... nicht beruht, sondern unablässig neu aufbaut, ist ein anderes, als eines, dem ein seiendes Sein zu Grunde liegt. Denn dieses könnte ruhen.
JE
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