Montag, 2. Juli 2018

Pragmatisch und spekulativ.

W. Busch 

Herauszufinden was ist, ist Sache der wirklichen Wissenschaften, etwa der Physik. Nicht aber der Metaphysik: Noch wirklicher als das, was erscheint, ist gar nichts, und was nicht irgendwie wirklich ist, kann auch nicht wahr sein.

Darüberhinaus gibt es die Philosophie. Die will in dem, was ist, einen Sinn ergründen. Ergründen, indem sie mit der Lupe danach sucht oder dem Elektronenmikroskop? Ergründen, indem sie dem, was man sieht, einen Sinn unterstellt - und ausprobiert, ob das Fundament reicht, um das Gebäude zu tragen. Sie ist pragmatisch, weil sie weiß, worauf sie hinauswill. Sie ist spekulativ, indem sie versucht, wie es geht.

18. 1. 17 


Nachtrag. - Gr. pragma stammt, wie prâxis, von prattein. Unter Pragmatismus versteht die Umgangssprache das Verfahren, allezeit die nächstbeste Gelegenheit zu ergreifen; was man sonst wohl auch Opportunismus nennt. Im philosophischen Sprachgebrauch nennt man pragmatisch ein Denken, das sich grundsätzlich am Prakti- schen orientiert - eingedenk freilich des Kant'sche Satzes, praktisch sei das, was durch Freiheit möglich ist. 

Transzendentalphilosophisch muss man es enger und weiter fassen. Weiter, denn pragma heißt im Griechischen auch das, was wir "die Sache selbst" nennen würder; Pragmatismus wäre dann ein Synonym für die deutsche, ansonsten unübersetzbare 'Sachlichkeit': ein Handeln, das ausschließlich der Sache selber gilt und keinerlei Ne- benabsichten ('Beziehungsebene') duldet. Enger, weil das Bestimmen dessen, "was gemeint ist", erst praktisch, nämlich im Handeln selbst geschieht: nicht im Voraus, nicht durch Konstruktion aus Begriffen, sondern buch- stäblich entworfen: projiziert und während seiner Erzeugung angeschaut. Es ist eo ipso ein spekulatives Denken, von lat. speculari, Ausschau halten, denn es ist zugleich uch ein Suchen, ein Ent-Werfen "auf Verdacht". Bestim- men in actu, im Vollzug der Handlung selbst.


 

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