Mittwoch, 19. Dezember 2018

Vom Glauben an das Sein.


Wer an ein festes, beharrliches und todtes Seyn glaubt, der glaubt nur darum daran, weil er in sich selbst todt ist; und, nachdem er einmal todt ist, kann er nicht anders, denn also glauben, sobald er nur in sich selbst klar wird. Er selbst und seine ganze Gattung von Anbeginn bis ans Ende wird ihm ein zweites, und eine nothwen- dige Folge aus irgend einem / vorauszusetzenden ersten Gliede. Diese Voraussetzung ist sein wirkliches, kei- nesweges ein bloss gedachtes Denken, sein wahrer Sinn, der Punct, wo sein Denken unmittelbar selbst Leben ist; und ist so die Quelle alles seines übrigen Denkens und Beurtheilens seines Geschlechts, in seiner Vergan- genheit, der Geschichte, seiner Zukunft, den Erwartungen von ihm, und seiner Gegenwart, im wirklichen Leben an ihm selber und andern.
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J. G. Fichte, Reden an die deutsche Nation, 7. Rede, SW Bd. VII, S.  372f.




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