Freitag, 1. Juni 2018

Wenn Freiheit möglich sein soll...

Rainer Sturm, pixelio.de   

...muß ein Objektives vorausgesetzt werden - als problematische Projektion

Wenn Freiheit möglich sein soll, dann muß ein Objektives vor-gegeben sein. Denn wenn nicht, woran sollte sich meine Wahl entscheiden? Wenn ein Urteil möglich sein soll, dann muß es Gründe finden können.

Denn wenn ich die Resultate meiner Wahlakte nur untereinander vergleichen könnte, dann wären sie alle gleich-gültig; d.h. ob ich so oder so wählte, wäre in letzter [!] Instanz ohne Bedeutung. Aber dann gäbe es keine Wahl. (Es wäre nicht einmal Dieses oder Jenes dauerhaft zu unterscheiden.)

Soll ich wählen können, d.h. will ich frei sein, so muß ich meiner Willkür einen Entscheidungsgrund vorausset- zen, an dem die Resultate meiner Wahl sich sollen bewähren können, und als allem Handeln vorausgesetzt, nenne ich diesen Grund objektiv (oder absolut). Und je nachdem, auf welchem 'Feld' meiner Handlungsmöglichkeiten ich diesen Grund herbeiziehe, heißt er das Wahre, das Gute oder das Schöne.

Aber ob ich frei sein will, muß ich schon selber wissen. Und ob ich es bin, kann sich nur actu erweisen: wenn und indem ich wirklich wähle. Darum ist auch das Objektive, das ich meinem Handeln als Bestimmunsgrund voraus- setze, immer nur actu gegeben: wenn und indem ich wirklich wähle. Hernach kann ich mich seiner gewisserma- ßen nur noch "erinnern" - als an ein "Bild" (das ich dann allerdings später "erraten" darf).

Freiheit ist keine Tatsache, sondern eine problematische Projektion, die sich jedesmal neu bewähren muß - sofern sie soll. Aber so ist auch das Objektive. 'Sinn' ist eine Petitio principii. 

aus e. Notizbuch, 4. 12. 94


Nachtrag.
Freiheit ist - ganz unter uns - kein feststellbarer Sachverhalt, sondern ein Existenzial. Dies Eine ist ja mal wahr: Wie immer die Dinge verständigerweise bestimmt werden können - darauf kommt es mir nicht an. Ich bin ja nicht objektiv, ich finde mich unter Umständen, die ich nicht gewählt habe. Soll ich mich darum für zufällig hal- ten? Aber nein: Es sind die Umstände, die mir zufällig sind! Was sie mir wert sind, kann immer nur ich selber 'be- stimmen'. Das ist, ob es mir recht ist oder nicht, meine Freiheit. 

Ein 'Existenzial' ist sie, weil ich sie nicht wählen kann.

Andrsrum: Die Frage ist gar nicht, ob 'es' Freiheit 'gibt', sondern... nein, nicht, ob die Welt resl ist, sondern ob das irgendeine Bedeutung für mich hat. 

Die Existenzphilosophie ist die Umkehrung der Wissenschaftslehre.





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