Samstag, 2. Juni 2018

Der transzendentale Gedanke.

de Lotto, Narcissus

Der transzendentale Gedanke ist entgegen landläufiger Auffassung ganz einfach.

In meinem Bewusstsein - "Wissen" - kommen keine Dinge vor, sondern Vorstellungen.

Wie kämen Dinge in mein Bewusstsein? Klopfen sie an und sagen "Da bin ich, lass mich rein"? Nicht nur wol- len sie das nicht, sondern sie können es gar nicht wollen, und sonst auch nichts. Meine Vorstellungen stammen nicht aus der Selbsttätigkeit der Dinge, sondern aus der Selbsttätigkeit meiner Einbildungskraft. Nicht die Din- ge wollen etwas von der Vorstellung, sondern das Einbildungsvermögen will etwas von - oder mit - den Dingen.

Verstehen heißt: die Tätigkeit der Einbildungskraft beobachten und herausfinden, wie sie verfährt, um zu Vor- stellungen zu gelangen. Vorstellungen von den Dingen, ja ja. Aber nicht von denen geht die Aktion aus, sondern von der Einbildung. Bestimmen, etwas als Dieses setzen, kann nur sie. Die Dinge können bloß abwarten, was mit ihnen geschieht. Davon wollen sie aber gar nichts wissen.

Die andern Vorstellenden, denen ich im wirklichen Leben begegne, sind zwar auch Dinge, aber nicht ganz wie alle andern: Sie tun ja dasselbe wie ich. Mit ihnen habe ich doppelt zu tun; einmal als mit Dingen, das andre Mal als mit meinem Spiegel. Aber beide Male nur, sofern ich will. Von diesem Wollen hängt alles weitere ab.

30. 5. 15 


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