Gedankending atheistbible
Dass dem Absoluten wie
dem Wahren überall mit Skepsis begegnet wird und man es vorsorglich, um
ihm ja nicht auf den Leim zu gehen, mit Hohn und Spott überzieht, ist
wohl verständlich, es hat schon zuviel Schaden angerichtet. Doch
verdankt sich die heilige Scheu ebendemselben metaphysischen Pferdefuß
wie die vormalige Vergötzung.
Es liegt doch auf der Hand, dass das Absolute (wie das Wahre) nur ein Gedankending sein
kann, das auf Wirk- lichkeit keinen Anspruch erhebt. Wirklich sind Dinge
in Raum und Zeit, sie sind erfahrbar, denn sie leisten meinen Absichten
ganz eigensinnige Widerstände. Das tun Gedankendinge nicht. Weder sind
sie erfahrbar noch leisten sie Widerstand. Nur darum, ganz allein darum können sie absolut sein und nicht nur relativ: nicht im Verhältnis stehen zu irgendetwas außer ihnen. Sie können nur vorgestellt, aber nicht gedacht, nicht in einen Be-griff gefasst werden – denn das hieße, sie zu andern Begriffen ins Verhältnis setzen.
Gedankendinge können nicht sein, sondern lediglich gedacht werden. Ob, wann und in welcher Hinsicht sie gedacht werden sollen, zeigen sie selber nicht an, es ist kein 'Merkmal' an ihnen. Es ist immer eine Sache eines Urteils, und das ist in jedem Fall wirklich, aber es ist wahr oder unwahr,
und das ist wiederum Sache eines Urteils, und so weiter. Aus dem Denken
kommen wir so nie heraus und in die Wirklichkeit hinein. Das ge- schieht
immer erst, wenn ich meinem Urteil gemäß zu handeln beginne, denn das geschieht nur in
der Wirk- lichkeit. Oder auch: Nur Handeln ist wirklich. Gedankendinge
werden nur vorgestellt, und das ist unabhängig davon, ob ich mir einen
Begriff davon machen kann.
Man
kann daher sagen, das Wahre und das Absolute (das Wahre ist das absolut
Geltende) seien begriffslose Phantasiegebilde. Doch liegen sie als
Vorstellung einem jeden Urteil zu Grunde, denn es wäre keins,
wenn es nicht Anspruch auf Wahrheit und Teilhabe am absolut Geltenden
erhöbe. Wer darüber lacht, lacht über sich und die ganze Welt. Denn Eure
nur relativen Wahrheiten sind relativ zur ganzen Wahrheit, und ohne
dies wären sie gar nicht.
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