Dienstag, 16. April 2019

Anschaubar wird Freiheit erst, wo sie auf Widerstand trifft.

 
Die reale Tätigkeit ist als solche nicht anschaubar, sie ist nicht Etwas, sondern bloßer Gedanke. Anschaubares Etwas wird die Tätigkeit erst, weil und wenn sie auf ein Hindernis stößt, welches sie aufhält. Nicht in ihrer Tä- tigkeit selbst ist Freiheit anschaubar, sondern erst, wenn sie ein Objekt wählt, das ihr entgegen steht.

Freiheit ist dem tätigen Ich als seine Bestimmung zuerst nur zugedacht, ihre Energie heiße reale Tätigkeit; sie 'sind' insofern, als sie den Sinn der Handlung ausmachen, die doch selber das einzig Anschaubare, das real-Reale ist. Sie ist der Ausgangspunkt der Wissenschaftslehre, und nachdem jene sie in ihrem ersten, analytischen Gang als den einzig möglichen Grund der Ichheit bloßgelegt hatte, setzt sie in ihrem zweiten, synthetischen Gang das System der Vernunft aus diesem seinen Grund wieder zusammen. 


Auf Widerstand trifft Freiheit erst, wo aus dem Gedanken sinnliches Handeln wird: indem sie sich am Gegen- stand stößt.

7. 8. 17


Nachtrag. Dass Fichte zwischen Tätigkeit und Handlung unterscheidet, ist keine semantische Feinheit, sondern in einem gewissen Sinn die Grundlage der Wissenschaftslehre. Denn sachlicher Kern- und Angelpunkt der kri- tischen Analyse sowohl als der transzendentalen Rekonstruktion der Verunft sind weder das Ich noch die ihm als wesentlich zugeschriebene Tätigkeit - die erscheinen erst dem reflektierenden Verstand. Die reale Gegeben- heit, an der die Analyse ihren Halt und die Rekonstruktion einen festen Baugrund findet, ist das Handeln - nur im Handeln geschieht Einheit einer intelligiblen und einer Sinnenwelt, anders wäre ihre Unterscheidung gar nicht möglich. Erst hier begegnen sich Gegenstand und Zweck und bestimmen einander zu Geist und Stoff.

Die ontologisch-metaphysische Frage nach der Priorität des einen oder des andern war beantwortet, bevor sie gestellt werden konnte; denn Aufgabe war gar nicht ihre Vereinigung, sondern ihre Scheidung. Die erste ist ge- geben vor allem Bewusstsein, die zweite dessen unvermeidliches Resultat. Um sie wieder aufzuheben, ist es nötig, dass das Bewusstsein seiner selbst bewusst wird; als Transzendentalphilosophie.

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