Dienstag, 4. September 2018

Reine Ideen.

Der Betende

Gott, die Welt, und das beide Objekte verknüpfende Subjekt, das denkende Wesen in der Welt. 

Gott, die Welt, und was beide zu einem System vereinigt - das denkende einwohnende Prinzip des Menschen (mens) in der Welt. Der Mensch als ein gegen ihn durch Natur und Pflicht beschränktes Wesen in der Welt.

Alle diese drei Begriffe sind Ideen, d. i. durch Vernunft selbstgeschaffene reine (nicht empirische von Wahrneh- mung gegebener Vorstellungen entlehnte) Erkentnisstücke.
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Immanuel Kant, Opus postumum, 1. Konvolut, S. 034


Dieses sind logische Verhältnisse in einem Satze, nicht die Existenz der Objekte betreffend, sondern bloß das Formale der Verhältnisse, diese Objekte zur synthetischen Einheit zu bringen: Gott, die Welt, und Ich, der Mensch, ein Weltwesen selbst, beide verbindend.
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ebd., S. 037


Nota I. - Das kann man gar nicht laut genug sagen: Gott, Welt und Mensch sind keine aus mannigfachen Erfahrungen abstrahierten Allgemeinbegriffe, sondern intentional als Ganze entworfene Ideen, die dem empirisch Mannigfaltigen als ein Maßstab voran- oder übergesetzt werden, an dem es sich bewähren soll. Sie analysieren nicht aus einem mannigfaltig Seienden soundso viele gemeinsame Merkmale heraus, sondern schreiben sie ihm von außen als sein einiges Sollen zu. Ideen sind offenkundig Postulate.
 

Nota II. - Sie können offenbar nicht gewusst werden. Doch geglaubt werden können sie auch nicht. Sie wurden - von wem? - als geltend behauptet. Diese Behauptung kann man billigen oder verwerfen. Es ist ein Sache des Wollens. Ob ich Gründe dafür habe und welche, kann und müsste ich wohl mit mir allein ausmachen.
JE


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