Freitag, 17. Juli 2015

Ein einziges Vermögen.


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Menschliche Vernunft können wir zwar in Gedanken und Worten zu einem gewissen Zweck von anderen Kräften unserer Natur sondern; nie aber dürfen wir vergessen, daß sie in ihr abgesondert von anderen Kräften nicht existiert. Es ist dieselbe Seele, die denkt und will, die versteht und empfindet, die Vernunft übt und begehrt. Alle diese Kräfte sind nicht nur im Gebrauch, sondern auch in ihrer Entwicklung, vielleicht auch in ihrem Ursprung einander so nah, so mitwirkend und verwickelt ineinander, daß wir nicht glauben dürfen, wir haben ein anderes Subjekt genannt, wenn wir eine andere Verrichtung desselben nannten. Mit Namen zimmern wir keine Fächer in unserer Seele; wir teilen sie nicht ein, sondern bezeichnen ihre Wirkungen, die Anwendung ihrer Kräfte, die empfindende und sich Bilder erschaffende, die denkende und sich Grundsätze erschaffende Seele sind ein lebendiges Vermögen in verschiedener Wirkung.
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Johann Gottfried Herder, Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft, I. Kapitel: Titel und Einleitung 


Nota. - Herders Übereinstimmung in diesem Punkt ausgerechnet mit Fichte dürfte dem einen so unerfreulich wie dem andern gewesen sein.
JE.



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