Dienstag, 26. August 2014

Fragmentarisch philosophieren.



21. Es wird manches gedruckt, was besser nur gesagt würde, und zuweilen etwas gesagt, was schicklicher gedruckt wäre. Wenn die Gedanken die besten sind, die sich zugleich sagen und schreiben lassen, so ists wohl der Mühe werth, zuweilen nachzusehen, was sich von dem Gesprochnen schreiben, und was sich von dem Geschriebnen drucken läßt.

Anmaßend ist es freylich, noch bey Lebzeiten Gedanken zu haben, ja bekannt zu machen. Ganze Werke zu schreiben ist ungleich bescheidner, weil sie ja wohl bloß aus andern Werken zusammengesetzt seyn können, und weil dem Gedanken da auf den schlimmsten Fall die Zuflucht bleibt, der Sache den Vorrang zu lassen, und sich demüthig in den Winkel zu stellen. Aber Gedanken, einzelne Gedanken sind gezwungen, einen Werth für sich haben zu wollen, und müssen Anspruch darauf machen, eigen und gedacht zu seyn.



Das einzige, was eine Art von Trost dagegen giebt, ist, daß nichts anmaßender seyn kann, als überhaupt zu existiren, oder gar auf eine bestimmte selbständige Art zu existiren. Aus dieser ursprünglichen Grundanmaßung folgen nun doch einmal alle abgeleiteten, man stelle sich wie man auch will.

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(Friedrich Schlegel) Athenäum, Ersten Bandes Zweytes Stück. Berlin 1798 


Nota.

Ist ein Gedanke, wenn er in einem Blog steht, "gedruckt"? 

Was man schwarz auf Weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Das können Sie mit einem Blog nicht. Wer ein Blog zitieren will, ist dumm dran. Der Blogger kann seinen Eintrag noch am selben Tag ändern, ohne es vermerken zu müssen. 

Eigentlich sind Blogs also 'nicht zitierbar', und manch einer würde meinen, damit sind sie für die Katz. Es kommt allerdings auch auf die Art des Zitierens an. Wer in philologischer Absicht zitieren und den Wortlaut nach Punkt und Komma auseinandernehmen will, hat an einem Blog keine Freude. Und der Blogger, der für philologisch motivierte Leser schreibt, ist auf dem falschen Dampfer. 

Wem es also beim Lesen zu allererst ums Zitieren geht, ist auf einem Blog nicht ganz an der richtigen Adresse. Nämlich nicht, wenn es ihm beim Zitieren auf den Wortlaut ankommt. Am besten ist ein Leser bedient, dem es beim Lesen nicht aufs Zitat, sondern auf den Gedanken ankommt, wenn er auf einen Blogger stößt, dem es beim Schreiben nicht aufs Zitiertwerden, sondern... auf die Gedanken ankam.
JE






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