Freitag, 15. Dezember 2017

Wissenschaft ist öffentliches Wissen (zum Zweiten).


Albrecht E. Arnold  / pixelio.de

Frage ich einen Wissenschaftler, wodurch Wissenschaft sich von andern Arten des Wissens unterscheidet, wird er mir sagen: Wissenschaft ist begründetes Wissen. Wenn ich ihn dann frage, was das bedeutet, fangen die Proble- me überhaupt erst an… Es wird sich finden, dass er „im Grunde“ der Überzeugung ist, nichtwissenschaftliches Wissen sei „eigentlich“ überhaupt kein Wissen (sondern bloßes “Meinen“)… Dann wird er Wissenschaft imma- nent zu erklären versuchen anhand ihrer Verfahren, und es läuft darauf hinaus: Wissenschaft ist „wahres“ Wis- sen, anderes Fürwahrhalten ist kindisch… 

Also Wissenschaft habe im Vergleich zu andern Arten des Wissens eine quasi onto-logisch höhere Qualität. Aber Wissen ist doch gar kein Sein, sondern ein Verhältnis zwischen (zwei oder mehreren) Seienden! Was könnte das aber heißen: ein „wahreres Verhältnis“?! Unterscheiden lässt sich nur ein Privatverhältnis von einem allgemeinen Verhältnis und ein notwendiges Verhältnis von einem zufälligen Verhältnis. Und so ist das Spezifikum der Wis- senschaft auch schon erschöpfend umschrieben: Es ist Wissen, das allgemein und notwendig ist, im Unterschied zu Wissen, das privat und zufällig ist – wenn auch „das Gewusste“ in beiden Modis ganz und gar dasselbe wäre; nämlich zufällig! 


Allgemein und notwendig: ist das eine additive Definition? Oder eine explikative (analytische: ‚zwei Seiten einer Medaille’)?!


Eben so: Nur ein Wissen, das sich als notwendig erweist, taugt dazu, allgemein zu werden. Dieser Prozess: ‚sich als notwendig erweisen’, heißt Reflexion/Kritik. Es ist die Verallgemeinerung dieses Prozesses, durch den Not- wendigkeit sich erweist. Summa summarum: Wissenschaft ist öffentliches Wissen; im Unterschied zu privatem. Die Form ist in diesem Fall die Sache selbst. Oder: der historische Unterschied ist zugleich der logische.
 
Civil society essentially is public space. But public opinion, by its nature, is divided. Science is able to reduce that domain of dissent; it is public knowledge. Its apogee in modern times was the political event par excellence. Its coercive power resides in its systematic proceeding from assuring its logical foundation, to the conceptual seizure of its object.

Wissenschaft ist nicht Institution, sondern Instanz (wie die Kunst). Wenn auch in öffentlichen Institutionen ver- faßt, die gern ein Monopol geltend machen. Aber im Grenzfall ist ihre Institutionalisierung sogar eine Schranke für ihren öffentlichen Charakter: Monopol = Exklusivität = Privatheit. Und nährt den Glauben, die Zugehörig- keit zur Institution sei selber schon Wissenschaft...

Begründet ist die Institutionalisierung der Wissenschaft aber nicht in ihrer Exklusivität - daß nur geprüfte Spe- zialisten mitmachen dürfen -, sondern im Erfordernis der Kontinuität des Wissens: Das Wissen muß nicht nur ausgelesen, sondern darüber hinaus bewahrt werden (sonst gäb's nichts auszulesen). Die Institution gewährleistet die Tradierung des Wissens: daß nichts verloren geht: daß die Akkumulation gründlich geschieht. Denn idealiter ist der Wissenschaftler einer, der alles weiß. Wenigstens in seinem Fach. Aber das gibts natürlich nicht mehr. Das Spezialistentum macht sich innerhalb der Disziplinen breit, so daß selbst innerhalb eines Fachs die Zusammenhänge selber zu Fächern von Spezialisten werden; in Wahrheit aber die Neue Doxa sich breit macht: das Vertrauen dar- auf, dass der Nachbar schon wissen wird, was er tut, und man ihm seine Resultate getrost abnehmen kann... So kommt es, daß allerlei Zwischen-Fächer auftauchen, die sich in den Ritzen der Institution festsetzen, ohne sich vor irgendwem ausweisen zu müssen - außer eben der Doxa innerhalb und außerhalb der Universität! Z. B. Päd- agogik, Politologie, Publizistik... Soziologie und Ökonomie haben den Anfang gemacht.

The rearing of the forthcoming generation is a task of most public concern. Though, pedagogy will never be founded in scientific theory, as at its ground there is no fact, but a problem, which cannot be proved, but just posed and postulated. And its object will never be seized, as it is "Life itself", which cannot be analyzed, but just told in stories and shown in pictures. The ways of pedagogy are not logical, but esthetical. By virtue of its practi- ces and by its place in society, it is Art and not Science. 

[Übrigens: die vorbürgerliche Öffentlichkeit ist der Nicht-Alltag : Hoheit; das Heilige; das Fest. Die erste alltäg- liche Öffentlichkeit sind die Märkte; d. h. Städte. {In wüstenhaften Gegenden Nordafrikas gibt es Marktplätze, an denen niemand wohnt : Man trifft sich dort nur zum Handeln. Und die Plätze heißen nach den Wochentagen, an denen man sich dort trifft.}]

irgendwann in 2000

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